Interview mit dem ISCAR Chef Hans-Jürgen Büchner

Am Hauptsitz in Ettlingen hat ISCAR eine Menge investiert. Gebaut wurde ein neues Gebäude mit dem Ziel die Platzprobleme zu lösen, die Effizienz und Produktivität zu steigern. Und das alles mit einem konsequenten Blick auf die Umwelt und Nachhaltigkeit. Hans-Jürgen Büchner, Geschäftsführer von Iscar Deutschland stellt sich den Fragen von Frank Dietsche (ZT).

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Jürgen Büchner, Geschäftsführer der ISCAR Deutschland GmbH. Foto: Dietsche

(F.Dietsche) Herr Büchner, Chapeaux, wenn ich mich hier umschaue, dann ist seit meinem letzten Besuch in Ettlingen etwas beeindruckendes entstanden. Was waren die Beweggründe, dieses Neubauprojekt anzugehen?

Imposant von Innen und Aussen. Das neue Hauptquartier der ISCAR Germany GmbH in Ettlingen. Foto: A1

(Hans-Jürgen Büchner lächelt) Da gab es viele Argumente. Wir platzten aus allen Nähten in unserem alten Gebäude, dass wir übrigens auch heute noch in großen Teilen nutzen. Die Platzverhältnisse in der Verwaltung und der Produktion zum einen, und damit ganz eng verbunden auch die Attraktivität der Arbeitsplätze waren eine Triebfeder, aber der ausschlaggebende Punkt war die Integration von zusätzlichen Mitarbeitern aus dem Elsass.

(FD) Entschuldigung, wenn ich Sie unterbreche. Die Attraktivität der Arbeitsplätze hört man selten als Grund für Investitionen. Was meinen Sie damit?

(HJB) Für unsere Belegschaft ging dies teilweise an die Grenzen. Und abgesehen davon ist es im Zeitalter von Fachkräftemangel enorm wichtig, als Basis ein vernünftiges, modernes Umfeld anbieten zu können.

(FD) Was meinen Sie mit Basis?

(HJB, Stirnfalten) Die Zeiten haben sich verändert. Die Anforderungen und Wünsche der Menschen haben sich verändert. Die Schlagworte Work-Life-Balance, Homeoffice etc. kommen in fast jedem Bewerbungsgespräch vor. Das ist oft schwierig zu vereinbaren, da wir auf der einen Seite Fachleute suchen und brauchen, auf der anderen Seite aber sehr darauf achten, dass es in unser System bzw. unser Gefüge passt und gegenüber unserer Belegschaft vertretbar ist. Wir haben Richtlinien festgelegt und an die halten wir uns.
(Nachdenklich) Früher war es so, dass dein Gegenüber während des Bewerbungsgesprächs schwitzte. Heute ist es umgekehrt. Gerade wenn es um gute Leute mit einer guten Einstellung geht.

(FD) Das heißt ISCAR sucht Fachleute mit vernünftiger Einstellung?

(HJB) Na, klar, und wie! Derzeit beschäftigen wir in Ettlingen rund 270 Leute, davon allein 100 in der Produktion. Aber wir müssen aufstocken. Wir haben hier viel in ein komplett neues Werk investiert. Trotz der dadurch deutlich effizienteren und teilweise auch automatisierten Arbeitsprozesse, brauchen wir Top-Leute in allen Bereichen.
Unsere Kunden fordern Qualität, Service und vernünftige Preise. Und das müssen wir gewährleisten. Daher braucht ISCAR TOP-Leute mit einer vernünftigen Einstellung zur Arbeit.

(FD) Ein interessanter Punkt: Vor einiger Zeit hat eine Nachwuchspolitikerin der Grünen in einer Talkshow gesagt, dass sie maximal 20 Stunden pro Woche durchsetzen möchte, da Arbeit krank macht. Ist das die heutige Einstellung junger Menschen?

(HJB vehement) Das entspricht nach unserer Erfahrung nicht der Realität. Diese Mitarbeiter, diese jungen Menschen haben wir hier noch nicht kennengelernt. Klar haben diese Menschen, wie schon eingangs gesagt, eigene Wünsche und Vorstellungen. Aber das ist doch normal, solange diese mit der Unternehmensphilosophie zu vereinbaren sind. Aber dieses Niedermachen und diese pauschalen Aussagen wie die faule junge Generation, das kann ich einfach nicht mitnehmen, tragen oder akzeptieren, weil es in der Form einfach nicht stimmt.

(FD) Das heißt, Sie haben die Rahmenbedingungen geschaffen, um jungen Leuten eine vernünftige Perspektive bieten zu können?

(HJB grinst) Ich bin schon überzeugt, dass wir hier in Ettlingen mit unserem guten Betriebsklima, der Mentalität des Teams und der neuen Infrastruktur etwas bieten können und uns nicht verstecken müssen.

ISCAR hat in Ettlingen viel in Gebäde und technisches Equipment investiert. Bild: Dietsche

(FD) Ich habe beim Rundgang gesehen, dass auch in der Produktion viele neue Maschinen- und Anlagen stehen. Auch mit Automation. Das heißt, Sie haben auch in neue Technik investiert?

(HJB) Das war von vorneweg so geplant und auch notwendig. In moderne und automatisierte Schleif- und Laserbearbeitung haben wir investiert und werden auch in die Werkzeugbeschichtung oder additive Anlagen investieren.

(FD) Das alte Gebäude gegenüber, nutzen Sie nach wie vor, trotz des Neubaus. Haben Sie zu klein gebaut?

(HJB lacht) Das könnte man auf den ersten Blick so sehen. Vorausschauend war das absolut richtig, das bestehende Gebäude in seiner jetzigen Form beizubehalten. Wir haben unsere Tieflochbohrer-Produktion aus dem Elsass nach Ettlingen verlegt und unseren Zerspanungsbereich erweitert. Daher, war dies auch die richtige Entscheidung.

(FD) Das bedeutet, ISCAR produziert die früher bei Outiltec im Elsass gefertigten Tieflochbohrer jetzt am Standort Ettlingen?

Tieflochbohrer von ISCAR gibt es in vielen Varianten. Foto: Dietsche

(HJB) Genau so ist es. Und wir liefern von Ettlingen aus Tieflochbohrer an Kunden in der ganzen Welt. Nach Mexico, Thailand, Vietnam und natürlich die USA, um nur einige zu nennen. Und wir verzeichnen in diesem Bereich ein gutes Wachstum und haben extra dafür einen Exportfachmann eingestellt.

(FD) An dieser Stelle muss ich jetzt eine ungeliebte Frage stellen. Wie liefen bzw. laufen die Geschäfte?

HJB (lacht) Sie wissen aus der Vergangenheit, dass wir da eher zurückhaltend sind.
Aber ein paar Eckdaten kann ich rauslassen. 2024 haben wir mit einem Minus von 5% gegenüber 2023 abgeschlossen. In diesem Jahr stehen wir bis jetzt bei einem Plus von fast 5% gegenüber 2024 und erwarten zum Jahresende ein Plus von 7% Prozent.

(FD) Vielen Dank. Ich frage zu diesem Thema auch nicht weiter. Doch zum Neubau würde mich schon noch interessieren, was es gekostet hat und wie lange es von der Planung bis zum Einzug ging.

(HJB) Wir haben 2018 mit der Planung und Kalkulation begonnen. Die gesamte Investition belief sich, bezogen auf die bebauten 4.000 qm, auf rund 14 Mio. Euro.

(FD) Inklusive der großen Photovoltaikanlage auf den Dächern? Können Sie mit der Anlage ihren eigenen Energiebedarf abdecken?

(HJB stolz) Das können wir. Und haben sogar einen Überschuss. Wir wollten so schnell wie möglich energetisch unabhängig werden. Zum einen der Umwelt zuliebe aber ganz klar auch aufgrund der steigenden Energiepreise.
(Stirnfalten) Aber es war ein schwieriger und nervenaufreibender Prozess, bis es endlich lief. Wir mussten fast 10 Monate warten, bis die Anlage von einem Gutachter zertifiziert und freigegeben wurde. Der Grund dafür ärgert mich immer noch.

(FD) Der denn war?

(HJB ärgerlich) Da investierst du in Zeiten der Energiewende 900.000 Euro, die Anlage läuft, geht aber nicht in Betrieb, da es rund 10 Monate braucht bis der Gutachter Zeit hat, sich die Anlage anzuschauen. Das hat uns alle hier schon sehr genervt.

Hans-Jürgen Büchner im Interview mit Frank Dietsche, Redakteur bei Zerspanungstechnik.de. Foto: Laura Meyer

(FD) OK. Anderes Thema: Im vergangenen Jahr 2024 haben sie die neue ISCAR-Kampagne LogicQuick mit neuen Produkten vorgestellt und diese peu a peu erweitert. Wie ist die neue Produktlinie angekommen?

(HJB freudig) Die neuen LogicQuick-Produkte sind von unseren Kunden sehr gut angenommen worden. Die Kunden haben sehr viele Wünsche und Ideen eingebracht, so dass wir ständig dabei sind, die Serie zu erweitern. Das müssen wir auch, da ISCAR ein Vollsortimenter ist.

(FD) Das heißt ISCAR erweitert sein Programm an Standardwerkzeugen auch nach Kundenwünschen. Und wie sieht es mit Sonderwerkzeugen aus?

(HJB stolz) In diesem Bereich ist es mehr denn je wichtig einen zuverlässigen Service zu bieten. Vor allem Schnelligkeit, Qualität und Transparenz sind dabei oberstes Gebot. Aus diesem Grund haben wir unseren Online-Konfigurator kreiert. Über IQUOTE können unsere Kunden sehr schnell ihr individuelles Werkzeug erstellen und online bestellen.

(FD) Ein Online Online-Konfigurator wird inzwischen von einigen ihrer Wettbewerber angeboten und ist eine sinnvolle Sache, wenn er anwenderfreundlich gestaltet ist. Ist er das?

(HJB stolz) Wir haben IQUOTE 2024 online gestellt. Inzwischen wurden weitere Optimierungen durchgeführt, und… Ach was. Machen Sie doch einen Termin mit unserem Produkmanager Herbert Volk aus. Er kann ihnen das im Detail erklären und sie können sich dann ein Bild machen. Oder sie machen gleich einen Praxistest.

(FD) Ich nehme Sie beim Wort und mache das sehr gerne. Also Fortsetzung folgt.

Vielen Dank für die Gastfreundschaft und das offene und sympathische Gespräch.