Nagel auf der EMO 2023

Die Nagel Maschinen- und Werkzeugfabrik GmbH präsentiert unter anderem Lösungen für das Honen, Superfinishen und Schleifen. Highlight-Themen sind vor allem ein erweitertes Portfolio für Kunden aus der Lagerindustrie, die Bearbeitung sphärischer Flächen sowie der Gewinn eines bedeutenden Designpreises.

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Beim Superfinishen von Kugelflächen kommen rotierende Werkzeuge zum Einsatz (obere Bildhälfte). Das Werkstück wird in der Regel von einem schwenkbare Spannsystem gehalten (untere Bildhälfte). Die Schwenkbewegung ist wichtig, wenn eine exakte Kugelform erzeugt werden soll. (Bildnachweis: Nagel)

Die Technologie Superfinishen spielt in vielen Industriebereichen eine immer wichtigere Rolle. Denn exzellente Oberflächen reduzieren die Reibung, damit den Energieverbrauch, damit die bekannten Emissionen. Ferner sorgen exzellente Oberflächen einfach dafür, dass bewegliche Bauteile perfekt funktionieren, und das über viele Jahre lang. Ein Anwendungsbereich, der hier zu nennen ist, ist die Lagerindustrie.

Bislang hatten die Nürtinger Feinbearbeitungsexperten vor allem die Wälzkörper im Auge. Das hat sich aber inzwischen geändert: Nagel nahm Anfang 2023 den italienischen Hersteller von Schleifmaschinen O.ERRE.PI in die Firmengruppe auf. Dadurch erweitert sich das Portfolio ganz erheblich, denn das Unternehmen aus Buriasco bei Turin liefert Maschinen für das Schleifen und Finishen von Wälzlagerringen.

Wälzkörper und Lagerringe – für Nagel schließt sich damit der Kreis. O.ERRE.PI pflegt seit den 1960er einen engen Kontakt zu den bekanntesten Lagerherstellern, demzufolge sind die Maschinen aus dem Piemont in der Branche bestens bekannt. Jetzt präsentiert sich das italienische Unternehmen auf der EMO – am Stand von Nagel – erstmals als neues Familienmitglied. Mit im Gepäck: eine Planschleifmaschine für Lagerringe.

„Mit der Aufnahme von O.ERRE.PI in die Nagel-Gruppe sind wir Komplettanbieter für die Lagerindustrie“, betont Andreas Schmohl, Leiter Superfinishen bei Nagel. Der Zusammenschluss eröffnet aber auch O.ERRE.PI neue Möglichkeiten. Die internationalen Bestands- und Neukunden werden seit dem Zusammenschluss durch das weltweite Netz mit Niederlassungen und Vertretungen der Nagel-Gruppe noch intensiver unterstützt, denn diese übernehmen den Service und die Beschaffung der Maschinen. „Erste Projekte auf dem amerikanischen Markt sind bereits angelaufen“, erklärt Andreas Schmohl.

Multitalent – sphärische Flächen und mehr

Eine besondere Anwendung beim Superfinishen sind ballige oder konkave Flächen, insbesondere Kugelflächen. Typische Werkstücke sind Kugelkolben für Axialkolbenmotoren und -pumpen für mobile Hydrauliksysteme, etwa in Land- und Baumaschinen. Mit die höchsten Anforderungen – Ra-Werte bis <0,005 – finden sich in der Medizintechnik, z. B. bei Gelenken für Hüftimplantate.

Am Messestand erwartet die Besucher eine Finishmaschine aus der NaSphere-Baureihe, die genau für derartige Anwendungen konzipiert wurde. Die Maschinen dieser Reihe basieren auf einem eigenen Konzept, das sich von Superfinishmaschinen für wellenartige Werkstücke komplett unterscheidet. Bei der Wellenbearbeitung kommen oszillierende, bei der Bearbeitung von Kugelflächen rotierende Werkzeuge zum Einsatz, d. h. Werkzeuge auf einer Spindel. Daraus folgt: das Werkzeug entspricht exakt der Gegenform des Werksstücks. Das Werkstück selbst wird in der Regel in einem schwenkbaren Spannsystem gespannt.

Um eine maximale Qualität, Wirtschaftlichkeit und Prozesssicherheit zu erzielen, verfügen die Maschinen über eine hochsensible Elektronik. Dazu gehören etwa eine sensorische Kugelmittenzentrierung, Kraftsensoren zur Optimierung der Prozessqualität, eine Werkstückhöhenmessung während der Bearbeitung und eine Anfahrerkennung für neue Werkzeuge.

Genau genommen ist die Kugelform nur ein Spezialfall, deswegen kann eine NaSphere-Anlage auch ebene Flächen bearbeiten. Es handelt sich demzufolge um ein sehr flexibles Maschinenkonzept. Die Flexibilität geht so weit, dass auch andere Prozesse als Finishen auf der Maschine durchgeführt werden können, etwa Hon-, Schleif- oder Bürstprozesse. Insofern kann eine NaSphere für Komplettbearbeitungen eingerichtet werden. Ein Praxisbeispiel dafür sind Planetenräder, das Finishen ist dann keine sphärische, sondern eine Planbearbeitung mit einem Topfwerkzeug.

All dies macht deutlich: die Ausstattung der NaSphere-Maschinen ist in hohem Maße anwendungsspezifisch. „Wir entwickeln die Maschinen quasi um die Aufgabenstellung herum“, betont Christian Feuchter, technischer Verkauf bei Nagel. „Beispielsweise kann die Zahl der Spindeln bzw. Finishstationen je nach Prozessen, Abtragsraten, Taktzeit oder Oberflächenqualität stark variieren. Daneben gibt es horizontale oder vertikale Spindelanordnungen. Im Falle vertikaler Spindeln ist ein linearer oder Rundtakt-Maschinenaufbau möglich.“

Design mit Auszeichnung

Zum Thema Honen präsentiert Nagel auf der EMO eine Maschine der EcoHone-Baureihe. Die EcoHone zeichnet sich durch eine Kompakte Bauform und viele Highend-Features aus. Dazu gehört auch ein integrierter Roboter für einen vollautomatischen Betrieb. Der Roboter erledigt so gut wie alles: er wechselt Werkzeuge und Messmittel, setzt das Handling (Be- und Entladen) der Werkstücke um und übernimmt Nebenprozesse wie Vorprüfen, Nachmessen, Bürsten oder Ausblasen. Zudem überwacht die Maschine den Zustand ihrer Werkzeuge und meldet es, wenn eine Instandsetzung notwendig wird – Komfort auf I4.0-Niveau.

Obwohl die EcoHone nur über eine einzige Spindel verfügt, ist sie in der Lage, 3-4 Honoperationen auszuführen und damit eine mehrspindlige Honmaschine zu ersetzen. Ein mehrspindeliges EcoHone-Maschinenkonzept ist jedoch ebenfalls im Programm vorgesehen.
Bei der Konzeption der EcoHone stand neben der puren Funktionsfülle auch das Design, d. h. das Zusammenspiel aus Gestaltung, Detailgenauigkeit, Modernität, Nachhaltigkeit, Bedienung u. a. m. im Mittelpunkt. Kurzum, Ziel war es, ein Gesamtpaket mit außergewöhnlichen Designeigenschaften und hohem Innovationsgrad zu schnüren.

Gelungenes Design: Die EcoHone Honmaschine von Nagel erhielt die Auszeichnung „FOKUS Gold“ des Internationalen Desingpreises Baden-Württemberg. (Bildnachweis: Nagel)

Diese Maßgabe ist den Entwicklern vollauf gelungen: Die Jury des Internationalen Designpreises Baden-Württemberg FOCUS OPEN 2023 verlieh der EcoHone HRX, der horizontalen Version der Maschine, die höchste Auszeichnung „FOCUS Gold“. Die feierliche Preisverleihung findet am 9. Nov. 2023 statt.

„Der Preis ist eine wertvolle Bestätigung für unsere Arbeit. Wir sehen, dass wir im internationalen Vergleich zu den führenden Anbietern gehören“, bekräftigt Erkan Hodza, Entwicklungsleiter und Produktverantwortlicher für die EcoHone Honmaschine bei Nagel. Und weiter: „Wenn Fertigungsbetriebe eine neue Produktionsmaschine auf die Beschaffungsliste setzen, fließt immer häufiger auch das Design in den Entscheidungsprozess ein.“

Roboterlösung für die Schneidkantenpräparation

Das Robotik-Team [Abteilung/Geschäftsbereich Robotik] bei Nagel entwickelt Automationslösungen für die unterschiedlichsten Anwendungen. Aus einem Projekt mit TBT Tiefbohrtechnik in Dettingen/Erms ist eine Lösung für die vollautomatisierte Präparation der Schneidkanten von Vollhartmetall-Tiefbohrwerkzeugen entstanden.

Der Hintergrund: Bei Zerspanungswerkzeugen ist eine haarscharfe Schneidkante kontraproduktiv. Die optimale Schnittleistung stellt sich erst durch eine verrundete bzw. präparierte Schneidkante ein. Die Präparation macht die Schneidkante stabiler, was zu einer entscheidenden Verbesserung der Standzeit und Prozesssicherheit führt.

Die Robotik-Experten bei Nagel haben die Lösung aus diesem Projekt weiter entwickelt und wenden sich inzwischen an alle Hersteller von Werkzeugen mit geometrischen Schneiden. Die Anlage, die am Messestand bereit steht, ist sehr kompakt, in ihrem Zentrum arbeitet ein kollaborierender Roboter mit 6-Achsen.

Robert Haman, Geschäftsfeldleiter Robotik bei Nagel, erklärt die Besonderheiten: „Die Präparation der Schneidkanten erfolgt mit Hilfe von Bürsten. Je nach Werkzeugtyp und zu erzielende Ergebnisse stellen wir die passenden Bürsten zur Verfügung.“ Ein Vorteil des Konzepts bestehe darin, so der Robotik-Experte weiter, dass auch Freiform-Schneidkanten problemlos bearbeitet werden können. Als „Key-Feature“ der Anlage bezeichnet er außerdem die integrierte Messtechnik inklusive Auswertungssoftware zur Erfassung und Darstellung der Schneidkantenparameter. Lieferant ist die Alicona Imaging GmbH.

Der Spezialist für optische 3D-Messtechnik aus Graz bildet mit seinem System die VDI/VDE-Richtlinie 2654 ab („Charakterisieren und Messen von Schneidkanten“). Das Unternehmen ist selbst Mitglied des entsprechenden VDI/VDE-Arbeitskreises. Dank der komfortablen Funktionen kann die Anlage neben der Präparation auch ausschließlich für die Vermessung von Werkzeugschneidkanten genutzt werden. Ein weiteres Highlight ist die automatische Beladeeinheit, die einen mannlosen Betrieb von mehreren Stunden bis zur kompletten Schicht ermöglicht. Diese ist optional erhältlich.

Nagel auf der EMO 2023 in Halle 11, Stand E13

Kontakt:

www.nagel.com