Stefan Zecha – „Wir brauchen Köpfe“

Ist „Made in Germany“ auch weiterhin ein Markenzeichen? Als erfolgreicher Unternehmer und Vorsitzender des Fachverbandes VDMA Präzisionswerkzeuge äußert sich Stefan Zecha zur aktuellen Situation.

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Stefan Zecha - Erfolgreicher Unternehmer und seit 2019 Vorsitzender des Fachverbandes VDMA Präzisionswerkzeuge

(FDZT) Ihr Unternehmen, die ZECHA Hartmetall-Werkzeugfabrikation GmbH, ist 2019 55 Jahre alt geworden. Was hat sich seit 1964 geändert?

Was mein Vater einmal angefangen hat, hat sich enorm verändert. Früher nutzten wir einfache Dreh- und Schleifmaschinen die von Hand eingestellt und bedient wurden. Heute wird modernste CNC-Technik zur Herstellung unserer Produkte verwendet. Alle Prozesse sind perfekt durchorganisiert und festgelegt. Damals war das noch etwas einfacher. Doch eines hat sich nicht verändert. Die Präzision! Die Präzision machen die Köpfe vor der Maschine. Egal ob ich mit Handmaschinen oder CNC-Technik arbeite, wenn der Kopf nicht stimmt, klappt es auch nicht mit der Präzision.

Also sind Sie in der Welt der Hartmetallwerkzeuge aufgewachsen?

Hohe Präzision: Die CNC-Abteilung bei Zecha

Mein Vater hat hier in der Region klein angefangen. Sozusagen als One-Man-Show. Dann kamen die ersten Mitarbeiter dazu. Nachdem dann langsam unsere Kinderstube zu klein wurde, hat er in kleinen Schritten erweitert. Erst ein Anbau dann ein Schopf (badische Bezeichnung für Scheune), wieder ein Anbau usw.

Für mich persönlich war mit 12 Jahren in den Schulferien bei meinem Vater in der Werkstatt Schleifen angesagt. Erst danach ging es auf den Fußballplatz.

Er hat mich schon früh gefragt, ob ich mir vorstellen kann, in der Firma zu arbeiten. Ich habe zu ihm gesagt ok ich probiere das, möchte aber noch den Meisterbrief als Werkzeugmacher und eine Ausbildung zum Betriebswirt machen. Er hat zugestimmt und so haben wir es gemacht. Mein Glück war, dass es mir Spaß gemacht hat und mein Vater hat das auch gespürt. Jetzt bin ich seit 1985, also seit 34 Jahren im Unternehmen.

Und wir hatten damals schon Produkte, die teilweise heute noch nachgefragt werden.

Das Portfolio von Zecha umfasst Mikrowerkzeuge sowie Stanz- und Umformwerkzeuge aus Hartmetall. Wie kam es zu dieser Konstellation?

Mein Vater hat damit begonnen, Stanzwerkzeuge für die Uhrenindustrie zu fertigen. Dadurch, dass er zu dieser Zeit einer der wenigen war, die Hartmetall schleifen konnten, kamen viele aus der Umgebung zu ihm um Stichel, Kanonenbohrer etc. schleifen zu lassen. Das Hartmetallschleifen hatte er von einem Schweizer Meister gelernt, der hier in der Region arbeitete.

Nachdem Hartmetall dann fähig war zu Stanzen, hat er dann begonnen Normalien, Stempel und Buchsen z.B. für den Werkzeugbau zu schleifen. So hat alles angefangen.

Die Uhrenindustrie war von der Präzision geprägt. Da ist es schon immer ums Mü (µ) gegangen. Somit kamen schnell die Kleinstwerkzeuge dazu. Und Kleinstwerkzeuge und Präzision sind noch heute unsere Prägung.

Gibt es weitere Meilensteine in der Entwicklung von Zecha, die Sie besonders hervorheben möchten?

Stefan Zecha – „Ich sehe die Bildung als wichtigen Rohstoff in unserem Land“

Ein entscheidender Punkt war, dass 1996 mein heutiger Geschäftspartner, Reiner Kirschner, bei uns angefangen hat. Zu dieser Zeit hatten wir 40 Mitarbeiter mit steigender Tendenz. Rund 4 Jahre später haben wir dann gesagt, wir machen das zusammen. Das hat sich bestens bewährt. Ich kannte ihn schon vor seiner Zecha-Zeit. Es hat von Anfang an gepasst. Wir sind charakterlich sehr unterschiedlich, ergänzen uns aber perfekt.

Reiner Kirschner ist für die Stanztechnik und die Produktion verantwortlich. Meine Schwerpunkte sind Zerspanungswerkzeuge und Vertrieb.

Produziert Zecha alle Werkzeuge seines Produktportfolios selbst und hier am Standort?

Auch das sind wichtige Meilensteine. Bis 1999 haben wir hier am Standort alles selbst gemacht. Dann waren wir an einem Punkt angelangt, an dem wir wachsen mussten und haben einen Partner in Indien gefunden. Dort haben wir 2006 ein Joint Venture gestartet. Das damals in Indien als Dagger Master Tools Limited firmierende Unternehmen heißt heute ZECHA Precision Tools Limited.

Im Jahr 2008 haben wir die MPK Special Tools GmbH In Schwäbisch Gmünd erworben. Dort produzieren wir zu 70% Produkte für die Stanz- und Umformtechnik sowie ca. 30 % Zerspanungswerkzeuge als verlängerte Werkbank für Zecha.

Hier am Standort Königsbach-Stein ist unsere F&E stationiert und hier produzieren wir auch unsere High-End-Produkte.

Allerdings produzieren wir hier auch einfachere Produkte, da wir der Meinung sind, dass dies ein besonders wichtiger Bestandteil der Ausbildung unseres Nachwuchses ist.

Inzwischen beschäftigen wir an den Standorten Königsbach-Stein und Schwäbisch Gmünd 200 und in Indien 130 Menschen.

In Europa und in Deutschland gibt es viele Anbieter von Zerspanungswerkzeugen. Aus Asien drängen viele Werkzeuganbieter auf den Weltmarkt. In welchen Bereichen sieht Zecha seine Vorteile gegenüber dem Wettbewerb?

Der gesamte Markt ist zwar sehr groß, doch ich sehe schon noch Vorteile bezüglich Konstanz und Qualität der Werkzeuge aus Deutschland. Dazu kommt unsere Infrastruktur in Deutschland, wo viele Hochschulen und Institute auf engstem Raum zu finden sind. Dies in Kombination mit vielen Förderprojekten die es in Deutschland gibt, sehe ich einen unschätzbaren Vorteil, den wir hier haben. Daher bin ich überzeugt, dass wir trotz unserer hohen Lohnstruktur wettbewerbsfähig bleiben können.

Die Maschinen werden immer komplexer und durch schlechte Werkzeuge verursachte Stillstandszeiten sind teuer. Deshalb bin ich der Meinung, dass qualitätiv hochwertige und entsprechend teurere Werkzeuge weiterhin gefragt sind. Zum Schluss setzt sich dann doch die Qualität durch, weil die Kunden rechnen können.

Welche Rolle spielen dabei die Rohstoffe zur Herstellung von Werkzeugen aus Vollhartmetall?

Stefan Zecha – „Wir in Deutschland sind innovativ und stets bereit für neue Entwicklungen“

Der Markt und die Preise haben sich zuletzt etwas entspannt. Auch weil wir in Deutschland eine hohe Recyclingquote beim Hartmetall haben.

Es ist aber schon gefährlich, dass wir auf der Rohstoffseite sehr auf China ausgerichtet sind. Obwohl in Deutschland und Europa noch Hartmetallhersteller und auch Minen sind.

China regelt in diesem Bereich den Rohstoffmarkt und somit die Preise. Allerdings hat China zu diesem Zeitpunkt auch Absatzprobleme.

Mal abgesehen davon: Ich sehe die Bildung der Menschen als wichtigen Rohstoff in Deutschland.

Stichwort „Bildung als Rohstoff“ – In den vergangenen Jahren war der Fachkräftemangel ein zentrales Thema in der Branche? Hinsichtlich der Zukunftsprognosen auch weiterhin?

Der Fachkräftemangel bleibt weiter ein kritisches Thema. Ausbildung beginnt in der Grund- und Hauptschule und allen weiteführenden Schulen. Ich engagiere mich hier im Ort sehr intensiv an der Schule und sehe sowohl die Defizite als auch das Potential. Eine Möglichkeit, Kinder individuell zu fördern wäre aus meiner Sicht, Klassen auf 18 Schüler zu reduzieren. Es besteht nach wie vor enormer Handlungsbedarf auf allen Bildungsebenen.

Der Fachkräftemangel wird trotz der Konjunkturprognosen bleiben. Um Technologieführer zu sein brauchen wir sehr gut ausgebildete Fachkräfte. Und darum sehe ich die Bildung als wichtigen Rohstoff in unserem Land.

Sie haben in diesem Jahr den Vorsitz des Fachverbandes VDMA Präzisionswerkzeuge übernommen. Zu einem Zeitpunkt vieler politischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten. Mit welcher Motivation und Zielen?

(Lacht) Mein geschätzter Vorgänger Lothar Horn sagte zu mir: „Da hast du dir ja einen guten Zeitpunkt für meine Nachfolge ausgesucht“.

Aber im Ernst: Ich bin stolz, dass man mich gefragt hat. Und mit Neinsagern kommen wir ja auch nicht weiter. Themen wie Ausbildung sowie die Stärkung unseres für Deutschland so wichtigen Mittelstands, sind mir sehr wichtig.

Im Automobilsektor zeichnen sich große Veränderungen ab. E-Mobilität und Brennstoffzelle als neue Antriebssysteme sind auf dem Vormarsch. Somit werden viele „Zerspanungsprozesse“ verschwinden. Wie ist Ihre Einschätzung der Situation?

Grundsätzlich ist mir nicht bange. Wir in Deutschland sind innovativ und stets bereit für neue Entwicklungen. Zum Thema E-Mobilität wurde viel erzählt. Teilweise oder überwiegend politisch motiviert, allerdings mit wenig fachlichem Hintergrund. Dies führte zu einer unnötigen Verunsicherung bei den Konsumenten von Fahrzeugen. Solange nicht klar ist wie es mit der Automobilindustrie weitergeht, leidet unsere Branche.

Stefan Zecha – „Unsere Bürokratie behindert die Unternehmen“

Wo es hingeht kann niemand so genau sagen. Ob Hybridantrieb oder langfristig Wasserstoff bzw. Brennstoffzellen die Lösung sind, wird sich zeigen. Auch der Verbrennungsmotor hat noch viel Potenzial. Beispielsweise wenn er mit e-Fuels oder grünem Wasserstoff betrieben wird. Viele Unternehmen der Zerspanungsindustrie haben sich schon frühzeitig mit neuen Themen und Technologien befasst, um sich zu wappnen.

Wie schon gesagt: Innovationen sind gefragt und unsere Branche ist innovativ.

Auch die weltpolitische Situation verändert sich zunehmend was an vielen Orten zu einer Verunsicherung geführt hat. Befürchten Sie einschneidende Veränderungen und Konsequenzen? 

Solange die USA und China sich im Handelsstreit befinden, ist die Situation gerade für Deutschland als Exportland schwierig. Leider sind die Fronten verhärtet und der scharfe Ton in der Argumentation ist bedenklich.

Die Wirtschaft ist immer dann stark, wenn die politische Situation stabil ist.

Was erwarten Sie als VDMA-Vorsitzender und auch als Unternehmer von der Industrie und auch von der Politik um „Made in Germany“ auch in der Zukunft als Maßstab für Innovationen sicherzustellen? 

Unsere Bürokratie behindert viele Unternehmen sehr. Gerade kleine und mittlere Unternehmen leiden darunter. Als Beispiele nenne ich an dieser Stelle die Datenschutzverordnung (DSGVO) oder unsere, teilweise komplizierten Steuergesetze. Mit der DSGVO, deren hehre Ziele ich gar nicht in Abrede stellen möchte, wurden Groß und Klein gleichbehandelt. Gerade für kleinere Unternehmen bedeutet die Umsetzung dieser Verordnung aber einen extremen und schwer verkraftbaren Mehraufwand.

Rund um Deutschland werden die Unternehmen mit Steuersenkungen entlastet um deren Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Nur in Deutschland bislang nicht. Für viele Unternehmen drängt sich daher die Frage einer Standortverlagerung geradezu auf. Ich bin der Überzeugung, dass die Politik für attraktive Standortbedingungen sorgen muss und uns nicht aus der Heimat vertreiben darf! Schließlich sollte man die Kuh nicht schlachten, die man melken will. Die Unternehmen dürfen durch den Steuerabschluss ihre Innovationskraft oder Investitionsfreudigkeit nicht verlieren. Hier sehe ich großen Handlungsbedarf bei der Politik und eine Aufgabe für uns als Verband VDMA Präzisionswerkzeuge, um die Zukunft der Unternehmen und des Standortes Deutschland positiv zu gestalten.

Kurzportrait:

Stefan Zecha wurde am 22.06.1965 geboren, ist verheiratet und Vater von 2 Kindern.

Nach seiner Ausbildung zum Werkzeugmacher, stieg Stefan Zecha im Jahr 1985 in das elterliche Unternehmen ein. Die Prüfung zum staatlich geprüften Werkzeugmacher Meister erlangte er erfolgreich im Jahr 1987. Seine Ausbildung zum Betriebswirt des Handwerks absolvierte er mit positivem Abschluss schon drei Jahre später.

Im Jahr 1995 übernahm Stefan Zecha die Verantwortung für das 1964, durch seinen Vater Erwin Zecha gegründete Unternehmen, dass inzwischen ca. 40 Personen beschäftigte.

In den folgenden Jahren erweiterte er als Geschäftsführer das heute als ZECHA Hartmetall-Werkzeugfabrikation GmbH bekannte Unternehmen Schritt für Schritt. Heute beschäftigt das Unternehmen 200 Mitarbeiter an den Standorten Königsbach-Stein und Schwäbisch Gmünd, sowie 130 Mitarbeiter in Indien.

2019 übernahm Stefan Zecha den Vorsitz des Fachverbandes VDMA Präzisionswerkzeuge.

Kontakt:

ZECHA Hartmetall – Werkzeugfabrikation GmbH

VDMA Präzisionswerkzeuge