Das µ im Blick

Beim modularen Reibwerkzeug Reaming RX von URMA AG sind die Reibschneiden zwar Verbrauchsmaterial, dennoch lassen die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse keine vorgefertigte Lagerhaltung zu. Deswegen werden alle Reibschneiden im Schweizer Rupperswil auf ± 1 µm genau mit unterschiedlichsten Anschnittwinkeln produziert.

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(Bildnachweis: URMA AG)

Ob Sommer oder Winter – in der Schleifzelle beträgt die Raumtemperatur zu jeder Jahreszeit konstant 20 Grad. CNC-Mechaniker Michael schraubt gerade eine bearbeitete URMA RX-Schneide vom Schneidenträger ab, begutachtet sie mit geschultem Auge und drückt sie dann in die Reinigungsknete. „Die konstante Raumtemperatur ist wichtig, weil wir sonst Maßdifferenzen hätten“, erklärt er. Denn das verwendete Hartmetall oder Cermet reagiert auf Wärme und Kälte.

Michael prüft die bearbeitete Schneide auf dem Laser Messgerät. Innert Sekunden bekommt er die gewünschten Informationen. Das Rundschleifen auf der CNC-Maschine ist gut verlaufen, die angepeilten Werte von ± 1 µm Genauigkeit stimmen. Die Schneide kann also weiter verwendet werden.

Routiniert legt er sie in die graue Halterung, wo alle bearbeiteten Schneiden liegen. Nur durch genaues Hinsehen ist sie von den unbearbeiteten Schneiden zu unterscheiden. Ruhig und konzentriert greift sich Michael die nächste Schneide, spannt sie auf den Schneidenträger, schliesst die Tür zur Schleifmaschine und startet den Prozess.

Insgesamt 200 Seiten umfasst der „Technology Guide“ und der RX-Katalog von URMA. Sie führen anwenderorientiert durch eine Vielzahl von möglichen Größen, Schneidgeometrien und Beschichtungsvarianten. Zudem liefern sie applikationsbezogene Schnittdaten sowie detaillierte Anwendungsstrategien. Bei dieser Vielfalt an Möglichkeiten ist eine Vorratshaltung in allen Varianten gar nicht möglich. Somit wird jede Reibschneide genau nach Kundenbedürfnissen gefertigt.

Ausgangslage für die individuelle Weiterbearbeitung sind 12 Systemgrößen, in welchen die Schneiden erhältlich sind. Sie werden auf das vom Kunden angefragte oder durch URMA-Experten empfohlene Maß geschliffen. Denn damit wird der spätere Durchmesser der geriebenen Bohrung definiert. Stimmt dieses Maß, folgt der Geometrieschliff, bei welchem die Schneide die spätere Schnittigkeit erhält.

Detaillierte Überprüfung

„Es gibt zig verschiedene Anschnittgeometrien, die wir schleifen können“, erklärt Michael. Je nach Verwendungszweck oder zu bearbeitendem Material werden andere Anschnitt- und Verjüngungswinkel gewählt. Die spätere Schnittzone einer Reibschneide ist äußerst klein. Es müssen jedoch noch viele weitere Bereiche bearbeitet werden, denn schließlich muss bereits bei der Produktion an die spätere Spanabfuhr gedacht und gegebenenfalls Raum dafür geschaffen werden.

So werden je nach Einsatzgebiet bei einer URMA RX-Reibschneide bis zu sieben Flächen angeschliffen. Dazu wird jede Schneide einzeln in der CNC-Maschine bearbeitet. Während dem Schliff positioniert diese die Schneide von Zahn zu Zahn immer wieder neu. Es folgt eine detaillierte Überprüfung auf dem optischen Messgerät. Hierbei werden sämtliche Geometriewinkel präzise vermessen und automatisch mit den Vorgaben verglichen. Die Vorgabewerte erhält die Messmaschine aus dem Fertigungsauftrag. „Erst wenn wir sicher sind, dass alle Maße stimmen, werden die restlichen Schneiden eines Auftrages produziert“, so Michael.

Die Artikelnummer jeder URMA RX-Reibschneide ist elektronisch hinterlegt und ruft damit automatisch das richtige Prüf-Programm auf. „Jetzt kann man nur noch die zugehörige Schneide aufstecken und das Gerät überprüft die geschliffene Geometrie ganz automatisch“, erklärt Michael. Die dazugehörigen Prüfprotokolle werden sogleich in der Schneidenhistorie gespeichert.

Automatisierte Prozesse

Die meisten Schliffe können mittlerweile mit automatisierten Prozessen gefertigt werden. Aber Achtung: „Um unsere hohe Qualität sicher zu stellen, müssen die Werkstücke in definierten Abständen kontrolliert werden. Das ist für die Roboter eine echte Herausforderung“, erklärt Michael. „Einige spezielle Anschnitte können wir zudem noch nicht vollständig mittels Roboter fertigen, weil wir sonst die Wiederholgenauigkeit nicht garantieren können. Die Schneiden müssen so präzise bearbeitet werden, dass eine vollautomatische Fertigung nicht immer möglich ist.“ Und Automatisierungen werden bei URMA wo immer möglich eingesetzt.

Während Michael erklärt, spannt im Hintergrund ein Roboter auf einer CNC-Maschine gerade eine neue Schneide auf die Halterung, während der andere Roboterarm die gerade bearbeitete Schneide reinigt und in die Halterung zurücklegt. Dann geht es für die meisten Schneiden zur Beschichtung. Je nach Anspruch oder Kundenbedürfnis stellt URMA beides her: Unbeschichtete Schneiden, oder solche, deren Eigenschaften durch eine Beschichtung nochmals für die Anwendung optimiert werden. Schneiden, die beschichtet wurden, müssen danach erneut zur Maßkontrolle auf eine der 3D-Messmaschinen um sicher zu stellen, dass die Ist-Werte den Soll-Werten µm-genau entsprechen.

Es folgt die Laserbeschriftung. Hier kriegt jede Schneide ihre Artikelnummer und die individuelle Produktionsnummer aufgelasert. Damit bleibt sie für URMA jederzeit rückverfolgbar. Denn die Nummern sind die Schlüssel zur gesamten Produktions-Historie.

Zum Schluss folgt die optische Endkontrolle. Hier landen die Schneiden zum Beispiel auf dem Tisch von Ponti. Vor Jahren hat Ponti bei der Schneiden-Reinigung gearbeitet – ihre wahren Talente wurden aber ziemlich schnell erkannt und Ponti wechselte in die Qualitätssicherung. Mit ihren Adleraugen sieht sie jede kleinste Unebenheit oder Unregelmässigkeit.

Jede RX-Schneide wird unter einem digitalen Inspektions-Mikroskop geprüft und bei Mängeln aussortiert. Nur Schneiden, die diese letzte Hürde geschafft haben, verlassen als Hightech-Produkt die URMA-Produktionshallen, um irgendwo auf dieser Welt als Präzisionsreibwerkzeug eingesetzt zu werden. Denn URMA RX-Schneiden sind keine Massenware: Jede Reibschneide wird kundenspezifisch für eine ganz bestimmte Anwendung angefertigt.

Kontakt:

www.urma.ch