Interview: Fokussiert auf High Tech und Qualität

Armin Engelhardt, Geschäftsführer der Ingersoll Werkzeuge GmbH, spricht über Aktuelles, Trends und macht keinen Hehl aus seiner kritischen Einschätzung zum Thema E-Mobilität.

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Armin Engelhardt, CEO der Ingersoll Werkzeuge GmbH & Innotool Holding

Herr Engelhardt, das neue Techcenter an ihrem Stammsitz in Haiger ist pünktlich zu Ihrer Hausausstellung „INDAYS“ fertig geworden. Warum und in welcher Größenordnung hat Ingersoll investiert?

Armin Engelhardt: Wir mussten etwas tun, da die Maschinen bei uns immer enger zusammengerückt sind. Der Ingersoll Standard war einfach nicht mehr gegeben. Dies hat sich mit dem neuen Techcenter geändert, da wir jetzt mehr Kunden vor Ort betreuen können. Mit den neuen Räumlichkeiten und den Investitionen in Maschinen und Anlagen können wir unsere Werkzeuglösungen und Strategien an kundenspezifischen Bauteilen bzw. Werkstücken darstellen und weiterentwickeln.

Alles in allem sprechen wir über eine Investition von rund 30 Mio. Euro mit Anlagen.

ZT: Und wie ist das Feedback der Kunden?

Armin Engelhardt: Von unseren Kunden haben wir vom ersten Tag an ein positives Feedback bekommen und dies wurde auch bei unseren INDAYS von den vielen Besuchern bestätigt.

ZT: Ein Wort noch zu der überraschenden Übernahme der Firma AGEFA in Wulften. Was waren Ihre Beweggründe für diese Investition?

Armin Engelhardt: AGEFA war für uns schon über viele Jahre ein zuverlässiger und daher wichtiger Lieferant. AGEFA war ein kleines und familiengeführtes Unternehmen, dass im Bereich von PKD und CBN hochspezialisierte Werkzeuge hergestellt hat. Allerdings ohne eigenen Marktzugang.

Die Beweggründe sind klar. Trotz Dieselaffäre stellen wir fest, dass der Diesel immer mehr mit dem Zylinderkurbelgehäuse aus Aluminium kommt. Dem entsprechend hat das klassische Ingersoll-Tangentialwerkzeug an Bedeutung verloren. Deshalb müssen wir uns der Aluminium Bearbeitung stellen und es war klar, dass wir in diesem Bereich nachhaltig investieren müssen. Und wir sind jetzt schon mittendrin, bei AGEFA in neue Maschinen zu investieren um die Kapazitäten auszubauen.

ZT: Also bleibt AGEFA am Standort Wulften und wird sogar ausgebaut. Wie tief mussten Sie in die Tasche greifen?

Armin Engelhardt: Kritisch zum Thema E-Moilität

Armin Engelhardt: AGEFA ist jetzt unser Standort für Hartstoffe.

Herr Hoffmann, der bisherige Inhaber, wird uns mit seinem Know-how dort erhalten bleiben. Darüber sind wir sehr glücklich zumal ich ihn schon über 20 Jahre kenne und sehr schätze. Wir haben dort zusätzlich schon einige Ingersoll-Spezialisten installiert und sind dabei, die Belegschaft dort aufzustocken.

Wir müssen und werden mit AGEFA diese Technologie selber beherrschen.

Das Investitionsvolumen hier lag bei rund 15 Mio. Euro.

ZT: Herr Engelhardt, Ingersoll beliefert neben vielen Branchen auch die Automobilindustrie. Aus einem der wichtigsten Märkte, den USA, wurden Sanktionen und Strafzölle angekündigt und teilweise international schon erhoben. Dazu wird mit der E-Mobilität eine große Konkurrenz für den Verbrennungsmotor politisch positioniert. Machen Sie sich Sorgen?

Armin Engelhardt: Die Strafzölle z.B. auf Stahl und Aluminium betreffen ca. 0,4 % der deutschen Wirtschaftsleistung. Dies ist daher für mich derzeit kein Thema. Klar können weitere Strafzölle auf uns zu kommen. Das müssen wir abwarten.

Ich sehe ganz andere dunkle Wolken auf uns zu kommen. Wenn ich nur an die Elektromobilität denke, die wir uns ja selber aufdiktieren, und dazu den Verbrennungsmotor schlecht machen. Ich bin der Meinung, dass der deutsche Automobilbau der Premium-Automobilbau weltweit ist. Die deutsche Dieseltechnologie zu opfern ist ein krasser Fehler.

ZT: Sie sehen die Entwicklung um die E-Mobilität also eher kritisch und politisch motiviert?

Armin Engelhardt: Diese politischen Quotenforderungen was E-Mobilität angeht, wirbeln unseren Markt komplett durcheinander und es bringt nur eine große Verunsicherung.

Wenn Sie heute am Heuberg oder im Schwarzwald eine Dreherei betreiben und z.B. Teile für Einspritzanlagen fertigen, investieren Sie oder investieren sie nicht? Ich verstehe einfach nicht, wie man nur durch diese Forderungen und Regelungen ganze Industriezweige so verunsichern kann.

Dazu kommt noch, dass wir keine Ahnung haben, wie diese Unmenge an hochgiftigen Akkus recycled oder entsorgt werden sollen und was mit den Batterien irgendwann passiert.

ZT: Was ist in Ihren Augen der richtige Weg bzw. wie kann einerseits die Industrie gestärkt und anderseits die Umwelt trotzdem geschützt werden?

Armin Engelhardt: Die Automobilindustrie muss umdenken. Sie ist dazu aber auch in der Lage. Z.B. über Downsizing die Motoren verkleinern und entgiften. Und das Thema Wasserstoff muss nach meiner Einschätzung gepusht werden. Das ist alles machbar.

Der eingeschlagene Weg der E-Mobilität ist für mich ein Irrweg, der unnötig ganze Industrien verunsichert. Wenn man davon ausgeht wie viele Arbeitsplätze am Verbrennungsmotor und dazu noch an der Herstellung vieler Nebenaggregate hängen, reden wir nicht von 100.000 sondern von millionen Arbeitsplätzen.

Nicht nur die Automobilhersteller sondern z.B. Branchen wie der Maschinenbau, Werkzeugbau und Vorrichtungsbau sind davon stark betroffen.

Dazu kommt, dass China am meisten von der E-Mobilität profitiert. Sie haben die Rohstoffe und nutzen diesen Vorteil auch.

ZT: Ein anderes Thema ist der 3D-Druck, der in der Werkzeugindustrie Einzug gehalten hat. Was macht Ingersoll in diesem Bereich?

Armin Engelhardt: Positiv zu den Themen Automatisierung, 3D-Druck und Downsizing

Armin Engelhardt: Wir machen bereits u.a. für das Segment Aerospace, wo man Mindermengenschmierung oder auch eine große Schmierung über die ganze Schneidkante braucht, Werkzeuge mit einzelnen, extrem feingliedrigen Kühlmittelbohrungen. Das kann man in dieser Form nur mit 3D-Druck machen. Dies gilt auch im Bereich Bohren. Bisher wurden zwei Kühlkanäle gebohrt und danach verdrallt. Mit 3D-Druck kann ich eine Nierenförmige Bohrung herstellen und habe die doppelte Durchflussmenge des Kühlschmierstoffs. Dazu kommt, dass ich verschiedene Materialien und unterschiedliche Geometrien herstellen kann.

ZT: Ist dies schon ein fester Bestandteil ihres Produktportfolios.?

Armin Engelhardt: Nein, wir sind bisher ausschließlich im Sonderbereich damit am Markt. Bei den Standardwerkzeugen noch nicht. Aber wir beschäftigen uns sehr stark mit diesem Thema. Wie schon gesagt sind wir derzeit hauptsächlich im Bereich Aerospace mit 3D-Lösungen konfrontiert.

ZT: Was gibt es von Ingersoll sonst über neue Innovationen oder Produkte zu berichten?

Armin Engelhardt: Meinerseits gibt es eine Nachricht: Wenn sie schauen was die Wettbewerber an Neuheiten bringen, wirft das Fragen auf. 8, 10 oder 12 Schneidkanten, da sind wir an einem Punkt angekommen, wo jeder fast das gleiche macht. Einmal ist der und das andere Mal ist ein anderer schneller. Wenn ich die Fachpresse anschaue denke ich nur: Jetzt macht der das auch und dann der nächste auch u.s.w.

Wir selbst haben ca. 10.000 Standardwerkzeuge. Das muss man sich mal vorstellen. Ich glaube es ist in der Zukunft wichtiger, dem Kunden ein schlankeres Portfolio zu offerieren, das er auch versteht.

Ich bin der absoluten Überzeugung und da gibt es auch schon gute Beispiele am Markt, neue Wege gehen zu müssen. Smarte, individuelle Sonderlösungen, die wir schnell und unkompliziert liefern müssen, können viele Standardwerkzeuge ersetzen. Und diese dürfen nicht wesentlich teurer sein. Die Prozesse vom Angebot bis zur Lieferung dürfen nicht viele Wochen in Anspruch nehmen.

ZT: Also Downsizing im Produktportfolio und Highspeed in den Prozessen. Konkretisieren Sie bitte „nicht viele Wochen“.

Armin Engelhardt: Verärgert über Geiz ist geil, politische Quotenforderungen und den Apothekeneffekt

Armin Engelhardt: Wir wollen das in maximal drei Wochen schaffen und müssen künftig schneller und flexibler auf die Kundenanforderungen reagieren.

Mit einem Sonderwerkzeug hat der Kunde immer den Vorteil, dass er einen Produktivitätszuwachs hat. Und wir als Werkzeughersteller haben den Vorteil, dass dieses Werkzeug auch tatsächlich eingesetzt wird.

Wenn ich heute zu Kunden fahre und sehe, wie viele Werkzeuge dort in den Schubladen liegen, fühle ich mich bestätigt. Oft ist gar nicht mehr bekannt, für was das Werkzeug angeschafft bzw. gebraucht wurde.

Ich bin mir sicher, dass unser Ansatz die Kunden und auch uns nach vorne bringt. Ein wichtiger Part wird dabei die Automatisierung sein. Ich bin davon überzeugt, dass hier noch viel Potenzial ist.

ZT: Individuelle Lösungen werden mehr und mehr auch im Consumer-Bereich gefragt. Ein Trend der auf den sich auch die Industrie einstellen muss?

Armin Engelhardt: Das Problem ist in meinen Augen ein anderes. Wir haben heute sehr viele Wettbewerber und Kopierer aus Fernost. Ähnliche Produkte unseres Portfolios werden nicht mehr mit fachlicher Beratung sondern über Promotion unter dem Motto „Geiz ist geil“ verkauft. Die Produkte werden ja teilweise verschenkt.

Deshalb bin ich der Meinung, dass wir einen Weg finden müssen, wie wir mit smarten und schwer kopierbaren Lösungen, enorme Vorteile für die Kunden erreichen. Und damit schütze ich mich auch als Hersteller gegen die Konkurrenz aus Fernost.

ZT: Also mit deutschem Ingenieurswissen gegen den asiatischen Wettbewerb?

Armin Engelhardt: Wir kennen doch alle den Apothekeneffekt. Die Fachberatung kommt von der Apotheke vor Ort, gekauft wird dann aber beim Online-Handel. Und dieser Trend findet in unserer Branche auch statt.

ZT: Dieses Jahr haben Sie mit den InDays 2018 in Haiger wieder eine Großveranstaltung durchgeführt. Ein großer Aufwand auch mit dem erwarteten Erfolg?

Armin Engelhardt: Wir hatten vor den InDays rund 5.100 Anmeldungen.

Die INDAYS waren ein voller Erfolg. Das Feedback der Besucher war sehr gut. Vor allem wurde uns mehrfach mitgeteilt, dass bei jeder Hausausstellung immer wieder völlig neue Anwendungsbeispiele gezeigt werden. Ob die Bearbeitung von Inconel oder Hastelloy über Aluminium bis hin zu Kohlenstoffstahl, Baustahl und sogar Kunststoffen. Es war auch in diesem Jahr wieder für jede Branche etwas dabei.

Bei unseren ersten Hausmessen musste ich die Maschinenhersteller beknien, dass sie auf den InDays bei uns Ausstellen. In diesem Jahr mussten wir leider sogar einigen absagen, da es sonst zu viel gewesen wäre. Das sagt ja schon etwas über den Stellenwert unserer Hausveranstaltung aus.

ZT: Ingersoll war auf der AMB mit einem großen Stand vertreten. Wie beurteilen Sie die Messe in Stuttgart?

Armin Engelhardt: Stolz auf die Hausausstellung „InDays“ und überzeugt von der AMB in Stuttgart

Armin Engelhardt: Die AMB ist für mich die beste und wichtigste Messe überhaupt. Für mich steht die AMB über der EMO. Und zwar weil die Qualität der Besucher sehr, sehr hoch ist. Das liegt zum einen am Standort, im mittleren Neckarraum sind die Automobilisten und Zulieferer, zum anderen hat sich die AMB aber auch als absolute Fachmesse etabliert. Hier kommen Fachbesucher aus Österreich, der Schweiz und Italien. Das Einzugsgebiet ist riesig. Und viele davon mit einer Zeichnung oder konkreten Projekten im Gepäck

Und diese Meinung haben auch viele meiner Kollegen anderer Hersteller. Die Qualität der Besucher auf der AMB ist sehr hoch. Die AMB 2018 hat dies wieder deutlich bestätigt.

ZT: Das bedeutet mehr Internationalität auf der EMO aber mehr Besucherqualität auf der AMB?

Armin Engelhardt: Absolut! Und dazu kommt noch, dass man auf der AMB den Besuchern kein Showprogramm bieten muss. Die wollen das gar nicht. Die Leute wollen sich schnell und konkret informieren und eine technische Beratung haben.

ZT: Der Branche geht es insgesamt gut. Wie läuft das Jahr 2018 für Ingersoll und was erwarten Sie 2019 und darüber hinaus für eine Marktentwicklung?

Armin Engelhardt: Wir sind bisher sehr zufrieden mit diesem Jahr und liegen über Plan.

Die Automobilindustrie läuft stark, Öl- und Gasindustrie ist zurückgekommen und läuft hervorragend und die Zulieferindustrie und auch der Formenbau laufen gut.

Ich denke schon, dass wir in den nächsten Jahren wachsen. Allerdings sind auch die geopolitischen Risiken da.

ZT: Vielen Dank für die klaren und interessanten Aussagen.

Das Interview führte Frank Dietsche am Standort der Ingersoll Werkzeuge GmbH in Haiger.

Armin Engelhardt in Kürze:

Armin Engelhardt: Optimistisch für die Zukunft
  • Im Jahr 1994 gründete Herr Engelhardt die Firma INNOTOOL Innovative Werkzeugtechnik GmbH mit heutigem Sitz in Vaihingen-Horrheim.
  • 2001 übernimmt INNOTOOL die Ingersoll Werkzeug GmbH und fungiert seither als Holding. Dabei ist die Ingersoll Werkzeuge GmbH die operativ am Markt aktive Gesellschaft
  • Seit 2001 ist Herr Engelhardt CEO der Ingersoll Werkzeuge GmbH & Innotool Holding

Kontakt:

www.ingersoll-imc.de