Schicht auf Schicht

Maßgeschneiderte Hartmetall-Beschichtungen von WALTER

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Ein erheblicher Anteil der Hartmetall-Werkzeugschneiden wird beschichtet. Es stellt sich hierbei die Frage: Welche Art von Hartschicht ist die richtige: PVD oder CVD? Der Werkzeughersteller WALTER AG aus Tübingen registriert gegenwärtig eine steigende Nachfrage bei den PVD-Beschichtungen. Der Grund hierfür liegt bei der Zähigkeit und Verschleißfestigkeit, denn mit PVD-Schichten lassen sich besonders zähe und versschleißfeste Werkzeugschneiden herstellen.

Immer schneller und präziser, mit einer noch höheren Standzeit der Werkzeuge, das ist der Dauertrend in der Zerspanungstechnik. Zu HSS-Zeiten suchte man nach Werkstoffen, die aufgrund spezieller Bestandteile leicht zerspant werden konnten. Man liegt gewiss nicht falsch, wenn man feststellt, dass es heute umgekehrt ist. Die Werkstoffe diktieren mehr und mehr das Geschehen, schwer zu bearbeitende Materialien sind auf dem Vormarsch, gesucht werden die dafür geeigneten Werkzeuglösungen. Beispiele finden sich unter modernen hochlegierten Stahlsorten, hochfesten Leichtmetallen oder im Bereich der Hartbearbeitung. Als weiterer Punkt kommt hinzu, dass inzwischen Standard-Werkzeugmaschinen zur Verfügung stehen, deren Kinematik keine Wünsche mehr offen lässt, Stichwort simultane Fünfachsbearbeitung. Bei dieser Bearbeitung muss das Werkzeug innerhalb eines Arbeitsganges mit unterschiedlichen Schnittwinkeln, Schnittgeschwindigkeiten und Schnitttiefen fertig werden. Kurzum: die Anforderungen an die Werkzeugschneide nehmen rasant zu.

Die Werkzeughersteller reagieren auf diese neuen Trends mit ebenso neuen Technologien. Eine moderne Entwicklung ist beispielsweise die PVD-Beschichtung (PVD = Physical Vapour Deposition). Hierbei werden metallische Hartstoffe wie Titannitrit, Titanaluminiumnitrit oder Titankar-bonnitrit auf den Hartmetall-Grundkörper aufgebracht. Die Schichtdicken liegen lediglich im Bereich 2 bis 5 µm.

Bild: Dr. Veit Schier, verantwortlich für den Bereich PVD bei der Walter AG in Tübingen vor einer Beschichtungsanlage: „Mit PVD-Beschichtungen lassen sich Härte und Zähigkeit der Werkzeugschneide maßschneidern.“

Multilayer-Beschichtung

Es gibt zwei Verfahren bei der PVD-Beschichtung. Das eine besteht in der Aufbringung zahlreicher Einzelschichten, wodurch eine Multilayer-Beschichtung entsteht mit bis zu 2.000 Einzellagen im Nanometer-Bereich. Durch die Wahl der Hartstoffe und Schichtdicken werden Härte oder Zähigkeit aufeinander abgestimmt. Die andere Möglichkeit ist das Aufbringen einer einlagigen Gradientenschicht, innerhalb der sich die Eigenschaften zum Beispiel durch Kohlenstoffzusatz fließend steuern lassen.

Die Multilayer-Schicht ist überall dort das Maß der Dinge, wo eine hohe Zähigkeit verlangt wird. Veit Schier: „Der viellagige Schichtaufbau verhindert, dass sich Risse, die beim Zerspanen entstehen, nach innen fortpflanzen. Abgetragenes Material kann nicht so schnell in die Schneide eindringen, um sie aufzusprengen. Mit Viellagen-Beschichtungen erreicht man daher höhere Standzeiten.“ Wichtig für die Abstimmung auf bestimmte Einsatzbedingungen ist neben dem Schichtaufbau auch die oberste Schicht, der Toplayer. Gewisse Werkstoffe, vor allem NE-Metalle, neigen schnell zur Bildung von Aufbauschneiden. Diese treiben die Schnittkräfte und Temperaturen in die Höhe, was zu schnellem Werkzeugverschleiß führt. Die Ursache liegt in den Reibungsverhältnissen zwischen Span und Spanfläche des Werkzeugs. Reibarme Toplayer minimieren dieses Problem.

PVD bringt Zähigkeit

Hohe Zähigkeitsanforderungen hat man vor allem bei Schaftwerkzeugen, Tendenz zunehmend, wenn man an die simultane Fünfachsbearbeitung denkt. Für solche Einsatzfälle werden stark positive Schneidengeometrien verlangt, mithin geht Zähigkeit vor Härte. Grundsätzlich ist in Sachen Härte bei hohen Einsatztemperaturen die CVD-Beschichtung (CVD = Chemi-cal Vapour Depostion) aufgrund der dabei abscheidbaren keramischen Bestandteile (Aluminiumoxid) unschlagbar, doch bei Schaftwerkzeugen sind die Anforderungen anders gelagert. CVD hat seine Stärken, wo grobe Späne anfallen, hohe Temperaturen entstehen und robuste Schneiden verlangt werden, beispielsweise bei der Schruppbearbeitung von Gusswerkstoffen. Bei der CVD-Beschichtung sind die Prozesstemperaturen während des Aufbringens der Hartschicht sehr hoch. Die Folge ist eine stärkere Versprödung des Hartmetall-Substrats, wodurch die Zähigkeit der Schneide abnimmt. „Der PVD-Herstellungsprozess erfolgt bei weniger hohen Temperaturen, die Eigenschaften des Grundmaterials werden daher weniger beeinträchtigt, die Zähigkeit spezieller, feinkörniger Hartmetalle bleibt weitgehend erhalten“, erklärt WALTER-Experte Dr. Schier.. Es gibt noch einen weiteren Effekt, der ein Plus an Zähigkeit bringt: PVD-Schichten besitzen Druckspannungen, welche das Hartmetall vor Kammrissen schützen, CVD-Schichten hingegen zeigen normalerweise Zugspannungen.

CVD-Hartschichten sind mit bis zu 20 µm um einiges dicker als ihre PVD-Pendants. Das hat Auswirkungen auf die Schärfe der Schneidkante, denn dicke Schichtaufträge führen zu Verrundungen. Benötigt man ein sehr scharfes Werkzeug, weil etwa eine hohe Oberflächengüte verlangt wird, greift man zum PVD-Produkt. Das gilt in speziellen Fällen auch für das Drehen, sonst die Domäne der CVD-Wendeplatten. Für das Feindrehen, Einstechen und Gewindeschneiden ist die PVD-Schneide erste Wahl. Je schärfer die Schneide, je höher die Genauigkeitsanforderungen, desto zäher muss das Werkzeug sein, so die Regel.

Bild: Ein Vergleich zwischen PVD- und CVD-beschichteten Schneidplatten an einem Kopierfräswerkzeug mit 50 mm Durchmesser, das die Walter AG zum Kalottensenken verwendete (gleiche Schnittdaten, eintauchen unter 45 Grad in legierten Werkzeugstahl 1.2311), führte zu folgendem Ergebnis: Die CVD-Schneide war nach 25 Kalotten unbrauchbar, die PVD-Schneide konnte nach 240 Kalotten immer noch verwendet werden.

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