KI erhöht Lebensdauer und Produktivität

Wie man Maschinen, Anlagen oder Komponenten mit KI zukünftig clever ausstatten kann, zeigen Präzisionswerkzeughersteller auf der EMO Hannover 2023 vom 18. bis 23. September.

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Auch die hochmoderne Schleiferei wird bei Horn künftig von KI profitieren. (Bildnachweis: Horn/Sauermann)

Der immer weiter steigende Kostendruck in der industriellen Produktion ist auch für die Hersteller von Präzisionswerkzeugen ein wichtiger Innovationstreiber. Künstliche Intelligenz (KI) kann helfen, effizienter und produktiver zu fertigen. Viele Unternehmen haben sich auf den Weg gemacht, KI einzuführen, einige setzen KI sogar schon ein.

Die Palette von Einsatzgebieten für KI in der industriellen Produktion ist breit – angefangen bei der Qualitätssicherung und Bilderkennung über die vorausschauende Wartung bis hin zur Fertigungsplanung und -steuerung. Wie die Betriebe ihre Maschinen, Anlagen oder Komponenten mit KI clever ausstatten, zeigen zahlreiche Anbieter auf der EMO Hannover 2023 vom 18. bis 23. September.

KI ist kein Add-on-Job

Dass KI die Zerspanung voranbringen kann, belegt die Forschung am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen. Die Forscherinnen und Forscher konnten zum Beispiel das Potenzial aufzeigen, dass Anwender den Messaufwand bei Fräsprozessen dank Einsatz von KI um bis zu 50 Prozent senken können. Das erhöht die Wertschöpfung immens.

Dr.-Ing. Maik Frye begleitet Unternehmen bei der Einführung von KI
(Bildnachweis: Fraunhofer IPT)

Bei der Einführung von KI in produzierenden Unternehmen sieht Dr.-Ing. Maik Frye, Gruppenleiter Produktionsqualität am Fraunhofer IPT, drei Hürden, die es ihm zufolge zu nehmen gilt. „Die größte Hürde ist zumindest aktuell der Mensch. Viele vertrauen den Modellen nicht und haben Angst, dass Daten in falsche Hände geraten könnten oder sind verhalten, sich mit der neuen Technologie auseinanderzusetzen.“

Zudem hängt die Einführung von KI von der Datenbasis ab. „Meist sind die notwendigen Daten nicht in der erforderlichen Qualität vorhanden“, weiß Frye, der Firmen bei der Einführung von KI begleitet. „In vielen Fällen müssen die Unternehmen die entsprechende Datenbasis auf dem Weg zur Einführung zunächst generieren.“ Eine dritte Hürde: „KI ist kein Add-on-Job“, gibt Frye zu bedenken. Unternehmen sollten dafür eigene Kapazitäten schaffen, um den Prozess erfolgversprechend begleiten zu können.

Mit KI gegen den Fachkräftemangel

Mit dem Bewusstsein um den Bedarf zusätzlicher Ressourcen ist die Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn aus Tübingen von Beginn an in die Einführung von KI gestartet. Zurzeit befinden sich verschiedene Systeme, etwa zum Schleifen, in der Erprobung. In der hauseigenen Fräserei hingegen wird KI aktuell schon implementiert. Ziel ist es, die Prozesssicherheit zu erhöhen und die Zerspanwerkzeuge bis zum Standzeitende voll auszunutzen. Christian Stark, Entwicklungsingenieur bei Paul Horn, zufolge ist dies in Zeiten des Fachkräftemangels ein großes Plus, da Rüstzeiten optimiert werden und neue Mitarbeiter schneller die bestmögliche Entscheidung treffen können. Damit rückt das große Ziel, die Maschinen der gesamten Gruppe mit KI auszustatten, in greifbare Nähe. Doch der Weg dorthin erfordert Geduld, denn zunächst muss auch Paul Horn die entsprechende Datengrundlage schaffen. Hierfür nutzen die KI-Verantwortlichen Modelle für Maschinelles Lernen (ML), um sie mit aufbereiteten Daten zu trainieren.

KI wird Assistent für die Einzelfertigung

Was in die Serienfertigung sukzessive Einzug hält, soll künftig auch für die Einzelfertigung möglich sein: Das Forschungsprojekt Productivity as a Service – kurz PRODaaS – hat das Ziel, Zerspanzustände KI-unterstützt zu erkennen und die Prozessparameter autonom zu optimieren. Dabei nehmen selbstlernende KI-Algorithmen sensorisch Daten von allen zentralen Komponenten wie Maschine, Werkzeug und Bauteil auf. So wird es möglich, die Zerspanqualität zu verbessern und vor allem die Produktivität zu erhöhen. Der Aalener Firma MAPAL Fabrik für Präzisionswerkzeuge Dr. Kress KG obliegt die Projektkoordination für PRODaaS. An dem Projekt sind sieben Partner aus Industrie und Forschung beteiligt.

Schon heute ermöglicht es das Modul Machining Analytics Solutions (MAS) als Bestandteil der KI-fähigen Datenplattform der MAPAL-Tochter c-Com, die Produktivität in der Serienfertigung zu erhöhen und Ausschuss zu reduzieren. Das Know-how aus PRODaaS wollen die Aalener künftig für die Einzelfertigung in diese Lösung integrieren. Wer sich über das Forschungsprojekt sowie c-Com informieren will, hat dazu während der EMO am MAPAL-Stand Gelegenheit.

KI-fähige sensorische Spanntechnik

Die sensorische Spanntechnik der ROEMHELD-Gruppe aus Laubach ist bereits heute KI-fähig: Denn die Sensoren liefern alle Daten formatgerecht und befähigen die Gesamtanlage, in den Prozess einzugreifen und, wenn erforderlich, Bearbeitungsparameter anzupassen. „Wir stehen noch am Anfang, was die Einsatzmöglichkeiten von KI betrifft“, sagt Philipp Ehrhardt, Geschäftsführer der Römheld GmbH Friedrichshütte. Doch das Potenzial ist ihm zufolge gerade mit Blick auf eine automatisierte, autonome Fertigung riesig.

Demonstrator von Römhild auf der EMO 2023 (Baildnachweis: Römhild)

Besucherinnen und Besucher der EMO 2023 können sich am Römhild-Stand dazu nächer informieren. Verschiedene Spannelemente, ausgestattet mit umfangreicher Sensorik für Industrie-4.0-Applikationen, u. a. das Sensorsystem STARK.intelligence, werden dort im Einsatz sein.

Critical Tool Failure Points sicher erkennen und vorhersagen

Viele Unternehmen treibt die richtige und zeitnahe Vorhersage von Fehlern an Werkzeugen um. KI kann Abhilfe schaffen, wie die spike-Technologie von pro-micron aus Kaufbeuren zeigt. Während der Zerspanung visualisiert die Technologie die Einzelschneide eines Werkzeugs und misst Kräfte und Momente entweder am Werkzeug oder an der Spindelnase. Die dabei gewonnenen Daten bereitet das System auf und berechnet in Echtzeit Schlüsselkennzahlen, mit denen Anwender den sogenannten Critical Tool Failure Point ermitteln können.

Spike nutzt die Daten des Einzelschneidenzustands, um die Qualität des Werkstücks im Prozess zu bestimmen, und beurteilt dank KI-basierter Algorithmen die Oberflächenrauigkeit eines 6,8-Millimeter-Bohrlochs mit 92-prozentiger Richtigkeit. Durch Nachtrainieren kann der Algorithmus auch auf einen Bohrerdurchmesser von 4,2 Millimetern mit einer Richtigkeit von 98,1 Prozent übertragen werden. Besucherinnen und Besucher der EMO 2023 können sich am Stand der Kaufbeurer Anwendungsbeispiele ansehen und anhand eines großen Touchpads die Vorteile der KI-Sensorik live kennenlernen.

KI – wertvolle Ergänzung für Mess- und Prüftechnik sowie Prozesslenkung

Michael Beising, CEO der EVT Eye Vision Technology GmbH (Bildnachweis: EVT Eye Vision Technology)

Besucherinnen und Besucher der EMO können sie sich außerdem am 21.09.2023 um 10.30 Uhr im Rahmen des VDMA-Technologieforums auf einen Kurzvortrag von Michael Beising, Geschäftsführer der EVT Eye Vision Technology GmbH aus Karlsruhe, freuen. Sein Vortrag widmet sich der „KI als leistungsfähige Ergänzung in der optischen Mess- und Prüftechnik“. Der Referent wird unter anderem Einblicke in synergetische Beispiele aus der Praxis geben.

Auch die Schumacher Precision Tools GmbH ist mit ihrer Tochter GAP und deren digitalem Baukasten für die bereichsübergreifende Prozesslenkung industrieller KMU auf der EMO Hannover vertreten. „Den größten Nutzen für Umwelt und Produktion“, sagt Dr.-Ing. Bernd Schniering, Geschäftsführender Gesellschafter von Schumacher, „stiftet man, wenn man die vorhandenen Kapazitäten effektiver nutzt und Ausfälle reduziert.“ Hierbei setzt das Unternehmen ebenfalls auf KI, denn damit lässt sich eine wesentliche Effizienzsteigerung bei der Nutzung der Ressourcen in der Produktion erzielen.

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pwz.vdma.org