Bearbeitungsmöglichkeiten bei der Zerspanung von Verbundwerkstoffen

  Mit Lösungen von Precorp und Sandvik Coromant lassen sich beeindruckende Ergebnisse realisieren

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Bei den neuesten Projekten in der Luftfahrtbranche sind, gemessen am Gewicht, ca. 50 Prozent der verbauten Werkstoffe Verbundmaterialien – infolgedessen wird es für verarbeitende Betriebe immer wichtiger, sich bei der Zerspanung dieser Materialien Wettbewerbsvorteile zu sichern.

In diesem speziellen Bereich sind Lösungen gefragt, welche die Bearbeitung von Verbundwerkstoffen sowie Komposit-Metall-Verbunden mit sowohl tragbaren als auch maschinellen und Festbett-Fräsmaschinen ermöglichen. Dabei sind innovative Werkzeugentwicklungen, ein kundenindividuelles Design und die aktive Unterstützung des Bearbeitungsprozesses entscheidende Erfolgsfaktoren.

Sowohl die Werkzeugentwicklungskompetenz von Sandvik Coromant als auch das branchenspezifische Technologie-Know-how von Precorp bieten – zusammen mit den Application Centern von Sandvik Coromant – Herstellern aus der Luft- und Raumfahrtindustrie innovative Lösungen für die Verbundwerkstoff-Zerspanung. Bereits erfolgreich eingeführte Anwendungen sind unter anderem Hartmetall-, Diamant- und PKD-beschichtete Werkzeuge, die für Bohrungen, Eck- und Konturfräsbearbeitungen geeignet sind.

Bild 1: CoroMill® 390 ist durch das Nutzen der Sturtz-Frästechniken bestens für geformte Oberflächen geeignet
Bild 2: Die CoroDrill® 452- Palette basiert auf der Sorte H10F – unbeschichtete Hartmetall-Substrate bieten großartige Möglichkeiten bei Bohr-, Reib- und Senkbearbeitungen von kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen

 Bild 3/4: CoroMill 329

Eine helfende Hand

Vor dem Hintergrund, dass Flugzeugbauteile, wie beispielsweise der Rumpf oder die Flügelholme, extrem groß sind und folglich nicht auf einer Festbett-Werkzeugmaschine bearbeitet werden können, werden im Luft- und Raumfahrtsektor die Bohrungen in kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen normalerweise mit einer speziellen Handbohrmaschine durchgeführt. Diese Werkzeuge müssen besonders ausgelegt sein, um den Ablenkungs- und Nicht-Axialkräften entgegenzuwirken.

Hier empfiehlt sich der Einsatz des CoroDrill® 452 von Sandvik Coromant, der auf dem unbeschichteten Hartmetall-Substrat H10F basiert. Der CoroDrill 452 beweist beim Bohren, Reiben und Senken von kohlefaserverstärktem Kunststoff ein enormes Leistungsvermögen, und das sowohl bei unidirektionalen als auch gewebten Werkstoffen wie M21E und BMS8-276. Der als Standard von 2,5 bis 12,7 mm erhältliche Bohrer (weitere Größen werden auf Bestellung gefertigt) ermöglicht aufgrund seiner innovativen Querschnitt-Geometrie die Bearbeitung mit geringen Vorschubkräften und dank eines linksgewendelten Spankanals auf einem rechtsdrehenden Bohrer gleichmäßige Bohrausgänge. Seine scharfen Schneidkanten produzieren Bohrungen, die durch die Verwendung von Bohrbuchsen Toleranzanforderungen von +/- 0,025 mm erfüllen – diese lassen sich durch den Einsatz von Reibwerkzeugen (CoroDrill 452.R-C) auf bis zu +/- 0,01 mm minimieren. Entsprechende Senkwerkzeuge (CoroDrill 452.C-C) sind mit 100°- oder 130°-Fasenwinkel erhältlich.

Das Bohren von Faserverbundwerkstoff/Metall-Verbunden (beispielsweise mit Aluminium- oder Titanschichten) bringt verschiedenste Herausforderungen mit sich, die der CoroMill 452 bei der Bearbeitung mit einem Handbohrer meistert. Um optimale Genauigkeit zu gewährleisten, nutzt er einen um das Zweifache vergrößerten Spankanal und eine selbstzentrierende Bohrerspitze. Durch die geringen Schubkräfte werden Grate bzw. Gratbildung am Bohrausgang reduziert. Während beim Bohren und Reiben von Faserverbundwerkstoff/Aluminium-Verbünden die Schnittgeschwindigkeit typischerweise bei 60 m/min liegt, sollte sie beim Bohren von Faserverbundwerkstoff/Titan-Verbunden auf ca. 15 m/min reduziert werden. Eine Vorschubgeschwindigkeit von 0,05 mm/U kann für beide Materialtypen beibehalten werden.  

Stabile Bohrprozesse

Wo immer möglich, sollte die Maschinenbearbeitung den Vorzug vor der manuellen Bearbeitung erhalten, da das Werkzeug dabei in einer Bohrbuchse arretiert ist und somit die Lage der Bohrung und die senkrechte Bohrerposition zum Werkstück stabil sind. Darüber hinaus kann eine Maschine so programmiert werden, dass gleichbleibend bei vorgegebenen Geschwindigkeits- und Vorschubdaten gebohrt wird. Manche Maschinen ermöglichen sogar Bearbeitungszyklen.

Bei der Maschinenbearbeitung von kohlestofffaserverstärktem Kunststoff punkten Lösungen wie die 85PT-Serie mit PKD-bestückten Bohrern durch ein geschütztes Diamant-Design, das für stabile Bohrprozesse optimiert ist. Die Bohrer sind in Durchmessern von 3 bis 16 mm sowie mit Kühlung erhältlich. Alternativ bietet die 8F85-Serie Bohrer mit Hartmetall-Bohrerspitze (basierend auf H10F oder N20C, CVD-diamantbeschichtet), die hochqualitative Bohrausgänge in anspruchsvollen kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (sowohl aus unidirektionalem als auch gewebtem Material) ermöglichen. Der achtflächige Spitzenanschliff reduziert Probleme wie Splittern und Delaminierung, die bei diesen Materialien häufig auftreten. Abhängig von der Anwendung können Schnittgeschwindigkeiten von ca. 60 m/min bei einer Vorschubgeschwindigkeit von 0,06 bis 0,15 mm/U gefahren werden.

Für die maschinelle Bearbeitung von Verbundwerkstoff/Metall-Verbunden eignen sich die Serien 86PTA (für CFK/Aluminium-Materialien) und 86PTB (für CFK/Titan-Materialien). Eine Alternative ist die 40DH-Serie (H10F oder N20C), die mit einem Hartmetallwerkzeug überzeugt, das durch ein innovatives Spankanal-Design für eine optimierte Spanabfuhr sorgt. Für eine verbesserte Rundheitsgenauigkeit und erhöhte Stabilität in größeren Bohrungen (mit Durchmessern von bis zu 25,4 mm) ist die PD-D2WM-Serie (H10F oder N20C) geeignet.

Neben den Standardausführungen bietet Sandvik Coromant bei PKD- und Hartmetall-Reibwerkzeugen auch kundenindividuelle Lösungen mit verschiedenen Ausführungen, die optimal auf Material und Anwendung abgestimmt sind. Das maschinelle Bohren und Reiben von CFK/Aluminium-Verbunden kann typischerweise mit einer Schnittgeschwindigkeit von 60 m/min und einer Vorschubgeschwindigkeit von 0,13 mm/U stattfinden. Beim Bohren in CFK/Titan-Verbunden müssen diese Werte allerdings auf ungefähr 18 m/min und 0,03 mm/U reduziert werden.

Hohe Qualität bei der Maschinenbearbeitung

Wo das Bohren mit CNC-Maschinen möglich ist, kann aufgrund der Maschinendynamik und -steifigkeit generell eine höhere Genauigkeit, Sicherheit und Produktivität erreicht werden.

Der PKD-bestückte Bohrer CoroDrill® 859V ist ganz gezielt für die automatisierte Bearbeitung von sowohl unidirektionalen CFK-Materialien wie M21E als auch von Epoxid- und BMI-Harzen konstruiert. Zudem konnte das Werkzeug bei der Bearbeitung von CFK mit Beschichtungen wie Fiberglas oder Kupfer gute Ergebnisse erzielen. Durch das Design mit einzigartiger Bohrergeometrie erhöht der CoroDrill 859V die Qualität und reduziert Delaminierung. Die Werkzeuge der 85er-Serie (N20C, H10F oder CD10 PKD) sind universell einsetzbare Bohrer mit vierflächigem Spitzenanschliff und für verschiedene CFK-Materialien wie BMS8-276 geeignet. Sie sind in den Durchmessern von 3 bis 16 mm sowohl als diamant-beschichtete Hartmetall- als auch PKD-bestückte Bohrer erhältlich. Für unidirektionales CFK und Verbundwerkstoffe mit hohem Epoxidharzanteil (einschließlich BMI-Harze) ist der CoroDrill® 856 die richtige Wahl.

Bei Bohrungen in Komposit/Metall-Verbunden mit CNC-Maschinen können mit den 86A- und 86B-Serien (CD10) Bohrgrate und Faserbruch reduziert werden. Eine weitere Option sind die Hartmetall-Bohrer der 40DH-Serie (N20C oder H10F) – diese bieten bei Anwendungen mit hohen Schnitt- und Vorschubgeschwindigkeiten lange Standzeiten und aufgrund der 40°-Spirale eine hervorragende Spanabfuhr.

Perfektionierte Kantenbearbeitung

Beim Kantenfräsen von CFK-Materialien werden Schneidwerkzeuge einem Härtetest unterzogen. Die verschiedenartigen Eigenschaften der Fasern und des Matrixmaterials Harz bedeuten für die Schneiden, dass sie aufgrund der zwischengeschichteten, extrem abrasiven Fasern und der weicheren Harzschichten mit wechselnden Widerständen konfrontiert werden – dieses beansprucht den Werkzeug-Antriebsmechanismus extrem. Die abrasiven Eigenschaften der Fasern führen außerdem zu einem schnellen Verschleiß des Werkzeugs. Das Rezept für erfolgreiche Bearbeitungen ist eine Palette an Werkzeugen mit unterschiedlichen Geometrien und Sorten, um jeweils anwendungsspezifische Lösungen für das Kantenfräsen einsetzen zu können – eine solche Palette bietet zum Beispiel der CoroMill® Plura S215.

CoroMill Plura S215 ist in unterschiedlichen Geometrien erhältlich; beispielsweise mit einem gestauchten Spiral-Design für sowohl dickere CFK-Materialien als auch für Bearbeitungen, bei denen die gleiche Geometrie für beide Seiten des Verbundblechs benötigt wird. Wenn bei Bearbeitungen die Qualität der Bohrlochunterseite am wichtigsten ist, sollte ein niedriges Spiral-Design von +5° gewählt werden. Liegt der Abtrieb im kritischen Bereich und der Fokus auf der Güte der Bohrlochoberseite sollte ein Design von -5° verwendet werden.

Um scharfe Kanten zu erhalten, werden die Werkzeuge in verschiedenen Sorten angeboten, wie zum Beispiel 1610 und 1630 – wo ultra-scharfe Kanten keine absolute Priorität haben sind sie als diamant-beschichtete N20C-Sorten für längere Standzeiten erhältlich. Zudem hat Sandvik Coromant eine PKD-gelötete Version sowohl für lange Standzeiten als auch eine optimale Oberflächengüte im Sortiment. CoroMill Plura S215-Fräser sind auf Bestellung in den Durchmessern 8 bis 16 mm und mit 2 bis 8 Spankanälen erhältlich.

Beim Kantenfräsen von CFK, wo sich die Maschinenspindel nicht in einer Linie mit dem Bauteil befindet – beispielsweise bei größeren Abschneide-Operationen – ist der CoroMill® 329 das geeignete Werkzeug. Dieses Standardprodukt wird in Durchmessern von 100 bis 160 mm und Breiten von 2 bis 5 mm geliefert.



Oberflächenvorteile

Die Bearbeitung von CFK-Oberflächen stellt sowohl neue als auch besondere Herausforderungen an die Werkzeuge: Die Oberflächenbearbeitung, die Genauigkeit und eine hohe Unversehrtheit der ursprünglichen Oberflächenstruktur sind für Hersteller aus der Luft- und Raumfahrt extrem wichtig. Eine Schneidwerkzeug-Lösung für flache und gekrümmte CFK-Oberflächenbearbeitungen ist der CoroMill® 590 mit leichtschneidendem Wendeschneidplatten-Messerkopf. Der CoroMill 590 ist in Durchmessern über 40 mm, mit PKD-Schneidplatten, unbeschichteten H10-Sorten sowie hochpräzisem Plattensitz für verbesserte Genauigkeit erhältlich.

Für geformte Oberflächen ist der CoroMill® 390 geeignet – dieser nutzt Sturtz-Frästechniken, die das Zerspanen mit Kugelschaftfräsern in vielen Bereichen ersetzen können. Bei dieser innovativen Zerspanungsmethode wird das Werkzeug relativ zur Bauteiloberfläche gekippt, um einen elliptischen Fräserweg zu generieren. Die resultierende Oberflächen-Ellipse ermöglicht somit den Gebrauch ohne ein Überschreiten der zulässigen maximalen Scheitelpunkt-Höhe.

Mit den zahlreichen innovativen Werkzeugen bietet Sandvik Coromant für nahezu jegliche Bearbeitungsart von Verbundwerkstoffen und die damit zusammenhängenden Herausforderungen die passende Lösung. Dadurch lassen sich beispielsweise die existierenden Fertigungsschwierigkeiten in der Luft- und Raumfahrtindustrie deutlich reduzieren.

 

Kontakt:

www.coromant.sandvik.com