Intelligente Lösungen zur Produktivitätssteigerung

Technischer Abschlussbericht zur EMO Hannover 2007

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Der Wirtschaftsaufschwung der jüngsten Vergangenheit erhält dank der Leistungs- und Innovationsfähigkeit des deutschen Werkzeugmaschinenbaus weiteren Rückenwind. Dies schlägt sich in vollen Auftragsbüchern der Komponenten-, Maschinen- und Softwarehersteller nieder. Wachsende Ansprüche der Kunden führen zum verstärkten Bedarf an effizienteren Werkzeugmaschinen, neuesten Fertigungsverfahren und -technologien. Im Folgenden wird beispielhaft gezeigt, wie sich dies in verschiedenen Bereichen auf der EMO Hannover 2007 widerspiegelt.

Werkzeugmaschinen und Werkzeuge zeichneten sich durch einen hohen und reifen Entwicklungsstand speziell bei den Themen Hochleistungs-, Hochgeschwindigkeits- und Trockenbearbeitung aus. Zunehmend mehr Werkzeugmaschinen- und Komponentenhersteller berücksichtigen einen Ressourcen schonenden Betrieb und auf den Lebenszyklus bezogene Kosten (TCO) bereits in der Konstruktion ihrer Produkte.
Ebenso steigt der Bedarf an Softwareprodukten, die es ermöglichen, Fertigungsprozesse optimiert auszulegen und zu verifizieren. Damit werden der Maschinenstundensatz drastisch reduziert und Kollisionen nahezu ausgeschlossen. Auch kleinere Unternehmen können diese Lösungen produktiv einsetzen.

Bearbeitungszentren
Der Trend vergangener Jahre zur Integration verschiedener Fertigungstechnologien in immer weniger Maschinen setzte sich unverkennbar in den vorgestellten Bearbeitungszentren fort. Die Produktivität der vorgestellten Neuentwicklungen konnte größtenteils erheblich erhöht werden.

Mit Blick auf Senkung der Produktionskosten vor allem in der europäischen Industrie sind auch bereits bekannte Lösungen für den produktiven Einsatz verfeinert worden. So zeigte ein bedeutender Hersteller von Bearbeitungszentren beispielsweise Verbesserungen für den Fertigungsprozess durch integrierte Handlingroboter zur flexiblen Bestückung von Bearbeitungszentren.

Integrierte Fertigungstechnologien werden durch einen immer höheren Automatisierungsgrad ergänzt. So wird mit Hilfe von leistungsfähigen Schnittstellen in der Maschinensteuerung beispielsweise prozessintegriertes Messen möglich. Das bietet mehrere Vorteile. Zum einen können Produkte vor der Bearbeitung automatisch auf ihre korrekte Lage hin geprüft und der NC-Code entsprechend automatisch angepasst werden. Für viele Produkte ist jedoch eine hochgenaue Messmaschine überdimensioniert, prozessintegriertes Messen hingegen für eine Überprüfung völlig ausreichend. Zusätzlich können fehlerträchtige Umspannvorgänge eingespart werden.

Ein zentrales Thema insbesondere bei Bearbeitungszentren für den universellen Einsatz ist die Reduzierung von Nebenzeiten. Da diese Werkzeugmaschinen für die unterschiedlichsten zu fräsenden Produkte konzipiert wurden, lässt sich ein niedriger Maschinenstundensatz häufig nicht durch eine aufwändige optimierte Prozessauslegung gewährleisten. Nebenzeiten sind typischerweise Zustellbewegungen, Werkzeugwechselzeiten oder Beladevorgänge, die einen wesentlich Anteil an der Bearbeitungszeit einnehmen können. Ein weiterer Hersteller von Bearbeitungszentren, bekannt durch niedrige Nebenzeiten, stellte ein neues kompaktes Hochleistungszentrum vor, das eine Span-zu-Span-Zeit von lediglich 1,7s realisiert. Die geringen Werkzeugwechselzeiten werden durch einen Korbwechsler mit Werkzeugaufnahme ermöglicht. Ein 180°-Schwenk der Palette benötigt lediglich 1,9s; leistungsstarke Antriebe gestatten einen Eilgang von bis 75m/min. Damit die rasanten Positionierbewegungen der einzelnen Komponenten ohne Einbußen der Genauigkeit vorgenommen werden können, wurde die Maschinenstruktur mit Hilfe von FEM-Simulationen ausgelegt. Dies ermöglicht robuste, vibrationsdämmende und thermisch stabile Prozesse.

Bohr-, Fräs- und Drehmaschinen
Die Trends zur Automation und Komplettbearbeitung bei fräsenden Bearbeitungszentren sind auf Drehmaschinen bezogen zwar grundsätzlich vergleichbar; dennoch werden sie technologisch betrachtet gänzlich anders umgesetzt. Während bei Bohr- und Fräsmaschinen meist nur eine Spindel im Einsatz ist, werden Drehmaschinen mit mehreren angetriebenen Spindeln entwickelt. Die Produktivität dieser Mehrspindelautomaten erreicht dabei das Vielfache eines einspindligen Drehautomaten.

Auf der EMO Hannover 2007 zeigte ein Spezialist für Mehrspindler seine Neuentwicklung mit über 50 bewegten Achsen. Selbst anspruchsvolle Konturzüge können damit in kürzester Zeit gefertigt werden. Um jedoch den hohen Zeit- und Produktivitätsvorteil tatsächlich nutzen zu können, muss der Fertigungsplaner bei der Auslegung fertigungsoptimierter Prozesse die große Zahl von Achsen aufeinander abstimmen. Eine rechnergestützte Fertigungsauslegung ist hierfür zwingende Voraussetzung. Dafür haben die Entwickler dieses Unternehmens geeignete Software zur Fertigungsplanung im Angebot. Diese Entwicklung wird in den kommenden Jahren zunehmen: Softwareunterstützung bei der immer komplexer werdenden Bearbeitungsplanung wird heute hauptsächlich zur Vermeidung von Kollisionen eingesetzt. Zukünftig werden aufgrund der stetig wachsenden Anforderungen hinsichtlich Automatisierung, Bearbeitungsintegration, Qualität und Wirtschaftlichkeit Softwarewerkzeuge benötigt, die den Planungs- und Bearbeitungsprozess im Umfeld der Werkzeugmaschine unterstützen und einen wirtschaftlichen Betrieb erst ermöglichen.

Als Folge steigender Rohstoffkosten stellten Aussteller auf der EMO Hannover 2007 vermehrt Komponenten oder sogar ganze Werkzeugmaschinen vor, die gezielt hinsichtlich minimaler Kosten während der Nutzungszeit nach TCO (Total Cost of Ownership) konstruiert oder optimiert wurden. Wartungs- und Instandhaltungskosten innerhalb der Laufzeit einer Werkzeugmaschine können den Einstandspreis für diese leicht überschreiten. Die zumeist höheren einmaligen Investitionskosten rechnen sich bei gezielt ausgewählten Komponenten schon nach kurzer Zeit.

Schleifmaschinen
In den vergangenen Jahren fokussierten die Werkzeugmaschinenhersteller darauf, die eigentliche Bearbeitung zu optimieren, also die Hauptzeiten zu reduzieren. Hier sind jedoch ohne wesentliche Fortschritte der Komponentenhersteller keine großen Entwicklungssprünge mehr zu erwarten. Um diese Abhängigkeit zu verringern und einen Wettbewerbsvorteil zu erreichen, haben einige Werkzeugmaschinenhersteller Verfahren entwickelt, um gezielt Nebenzeiten zu minimieren.

So hat ein Schleifmaschinenhersteller beispielsweise in seinem neuen CNC-Schleif-zentrum die genannten Ziele umgesetzt. Mit der Integration eines Schleifscheibenwechslers und einer Pick-up-Ladeeinheit in den Arbeitsraum wurde ein hoher Automatisierungsgrad erreicht, der sowohl die Produktivität als auch die Wiederholgenauigkeit erhöht.

Eine besonders effiziente Lösung zur Reduzierung von Nebenzeiten stellte ein bekanntes Unternehmen der Schleiftechnologie auf der EMO Hannover 2007 vor. Auf ihrer neuen Schleifmaschine werden Düsenelemente für Einspritzpumpen der Automobilindustrie gefertigt. Die Maschine wurde so konstruiert, dass der für den Prozess notwendige Kühlstrahl nicht nur die eigentliche Funktion erfüllt, sondern auch für den Transport der Werkstücke genutzt wird. Hiermit ließen sich die Werkstückwechselzeit um über 50 Prozent auf 0,9s reduzieren. Da der Schleifprozess dieser Düsenelemente nur wenige Sekunden dauert, wurde mit dieser interessanten Lösung die gesamte Bearbeitungsdauer beachtlich reduziert.

Umform- und Blechbearbeitungsmaschinen
Auch bei den Umform- und Blechbearbeitungsmaschinen zeigte sich auf der diesjährigen EMO Hannover 2007 der Trend zur Verkürzung der Nebenzeiten in der Produktion. Die dabei entstehenden technologischen Herausforderungen wurden von den Ausstellern höchst unterschiedlich gelöst. Ein weiteres sehr wichtiges Thema für Hersteller und Anwender von Umform- und Blechbearbeitungsmaschinen ist die Reduktion der Fertigungskosten. Um beiden Anforderungen zu entsprechen, zeigten die Hersteller die Ergebnisse ihrer Optimierungsbestrebungen und ihrer im Detail konstruktiv verbesserten Maschinen.

In der Blechbearbeitung steigt die Anforderung an Laserschweißanlagen, da speziell bei vermehrt eingesetzten Tailored Blanks / Tailored Profiles die Genauigkeit für die Anwender primär interessant ist. Hier wurden in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht und diese Aufgaben in den Bearbeitungseinheiten mittlerweile zu Standardaufgaben überführt. Um nun auch die Kosten der Laserbearbeitung zu reduzieren, werden Bearbeitungszentren immer kompakter und flexibler. Darüber hinaus werden sie mit integrierter Automatisierung, z.B. direkt angebundener Be- und Entladeeinheit, angeboten. Dadurch wird ein bisher verwendeter Palettenwechsler überflüssig. Dies verringert die notwendige Aufstellfläche, die dann für die zu erledigenden Aufgaben optimal genutzt werden kann.
Die Arbeitsgeschwindigkeit der neuesten Laserbearbeitungsmaschinen wird von den zu bewegenden Massen begrenzt. Hier ist die so genannte fliegende Optik (Laserkopf) Optimierungsgegenstand, die mit hochdynamischen Bewegungsabläufen mit Geschwindigkeiten bis zu 200 m/min. und Beschleunigungen bis zu 20 m/s2 verfahren wird. Um eine Massenreduktion durch leichtere und stabilere Strukturen zu erreichen, werden in diesen Maschinen verschiedene Arten des Leichtbaus umgesetzt.

In der Warmmassivumformung wurden Entwicklungen zur Aufbringung sehr hoher Presskräfte gezeigt. Damit werden endkonturnahe Schmiedeteile wie z.B. Aluminiumfelgen für PKW gefertigt und mit weniger Prozessschritten Fertigteile bzw. Bauteile zur Weiterleitung an die Nachbearbeitung kostengünstiger hergestellt.

Der Trend zur Automatisierung ist auch in der Warmmassivumformung ein wichtiges Thema. Da die Automatisierung für den Schmiedeprozess hinsichtlich Kostenreduktion, Positionier- und somit Bauteilgenauigkeit sowie Taktzeiterhöhung wichtig ist, wurde ein vollautomatisiertes Gesenkschmiedesystem präsentiert. Zwei Roboter halten das umzuformende Werkstück während des gesamten zweistufigen Prozesses fest. Die Neuerung besteht in einem Greifersystem an den Manipulatoren, das für den rauen Schmiedebetrieb geeignet ist, die Beschleunigungskräfte des Roboters aufnimmt, gezielt „hängende“ Bauteile loslässt sowie sichere und präzise Positionierung gewährleistet.

Die Kaltmassivumformung zeigte sich auf der Messe ebenfalls mit dem Fokus auf kürzeren Prozesszeiten. So können hochfeste Werkstoffe mit optimierten Gewindewalzmaschinen (Gewinderollmaschinen) auch in Kleinstserien ökonomisch mit höchster Präzision gewalzt (gerollt) werden. Neben der Gewindeherstellung werden auch Verzahnungen, Schnecken und weitere Profile kaltgewalzt. Auf der EMO Hannover 2007 wurde ein Maschinenkonzept präsentiert, mit dem z.B. komplette Verzahnungen in einer Aufspannung in lediglich 46 Sekunden fertig gestellt werden.

Verzahnmaschinen
Hersteller von Verzahnmaschinen müssen genau wie Hersteller anderer Werkzeugmaschinen Produktionsprozesse optimieren sowie effizienter und ökonomischer gestalten.
Dafür wurde auf der Messe eine Lösung mit mehreren Vorteilen präsentiert. Die Vertikal-Hochleistungs-Wälzfräsmaschine bearbeitet die Werkstücke trocken. Der Vorteil der vertikalen Bearbeitung besteht darin, dass die Bauteile aufgrund der nach unten abfallenden und mittels Magnetband sofort aus dem Arbeitsbereich entfernten Späne schneller verzahnt werden können und das hohe Potenzial extrem leistungsfähiger Trockenbearbeitungswerkzeuge weiter ausgeschöpft werden kann. Es muss dementsprechend nicht mehr so ausgeprägt auf die Spanentsorgung wie beim horizontalen Aufbau geachtet werden. Ein weiterer Vorteil ist die Trockenbearbeitung, die eine sortenreine und direkte Verwertung des anfallenden Materialabfalls gewährleistet, wodurch ein aktiver Beitrag zur Entsorgung und zum direkten Recycling geleistet wird.

Sägen / Trennmaschinen
Die klassischen Trennverfahren wie Plasmaschneiden und Sägen waren mit Neuerungen im Detail auf der EMO Hannover 2007 stark vertreten. Auch hier stehen hohe Bearbeitungsgeschwindigkeiten und eine Erhöhung der erreichbaren Genauigkeiten im Mittelpunkt.

Kostensenkung ist für die Hersteller von Plasmaschneidanlagen ein wichtiges Verkaufsargument im Wettbewerb zu Laserschneidanlagen. Sofern der Anspruch an die Genauigkeit der Schnitte etwas geringer ist, sind sie erste Wahl. Auf der EMO Hannover 2007 wurden auch hier Detaillösungen gezeigt, mit denen Bleche bis zu 35 mm Dicke geschnitten werden können. Präsentiert wurde eine Maschine, die einen Plasmaschneidkopf ohne Rotationsbegrenzung besitzt und den Neigungswinkel des Kopfes automatisch regelt. Damit können sehr schnell und mit geringerem Verfahrweg des gesamten Laufwagens die vorgegebenen Konturen geschnitten werden. Darüber hinaus bieten diese Anlagen heutzutage mehrere Funktionen zur Bearbeitung, wie z.B. einen 6-Stationen Bohr- und Gewindeschneidkopf mit automatischem Werkzeugwechselsystem. Dadurch wird die Gesamtbearbeitungszeit reduziert.

Bei den Sägen geht die Entwicklung ebenso zur Erhöhung der Bearbeitungsgeschwindigkeit und Verfügbarkeit. Hier wird jedoch auch das Thema Geräuschemission aufgegriffen. Auf der EMO Hannover 2007 wird zum ersten Mal eine vollverkleidete Bandsäge vorgestellt, die neben geschlossener Antriebe zur Verringerung der Lärmbelästigung am Arbeitsplatz auch eine verbesserte Bedienbarkeit und einfachere Zugänglichkeit aufweist. Mit einer modernen CNC-Steuerung sowie integrierter Servovorschübe des Sägeblattes kann die Prozesssicherheit dieser klassischen Trennmaschine nochmals gesteigert werden. Die Bearbeitungszeitverkürzung wird durch die Koppelung mit Bohreinheiten und teilweise integrierter Vermessungstechnik erreicht.

Der Trend zur Effektivitäts- und Produktivitätssteigerung wurde auf der EMO durch eine optimierte Laser-Stanz-Kombimaschine aufgegriffen. Sie erledigt komplexer werdende Bearbeitungsaufgaben. Konturen wie Rund- oder Rechtecklöcher werden mit einem Hub durch die Stanzeinheit erstellt, ebenso wie z.B. Gewinde oder sonstige Umformungen. Müssen die Schnitte für Innen- und / oder Außenkonturen filigraner ausgeführt werden, können sie mit glatter und gratfreier Kante lasergeschnitten werden.

Laser- und Wasserstrahlschneidverfahren decken mittlerweile immer mehr Anwendungen beim Trennen ab. Sind höchstgenaue und saubere Schnitte gefordert und ggf. unterschiedliche Materialien (Kunststoffe, Aluminium, Stahl, etc.) zu schneiden, werden Wasserstrahlschneidanlagen eingesetzt. Hier wurde eine absolute Neuheit präsentiert, die mittels eines Wasserdruckes von bis zu 6 000 bar in Abhängigkeit des zu schneidenden Werkstoffes größere Materialdicken und / oder schnellere Schneidgeschwindigkeiten erzielt. Dies leistet wiederum einen Beitrag zur Produktionszeitverkürzung.

Präzisionswerkzeuge
Der Einsatz neuartiger, schwer zerspanbarer Werkstoffe wie Titan und dessen Legierungen in der Luftfahrt sowie die Bearbeitung von Werkstoffverbunden im Automobilbau treiben die Entwicklung bei den Werkzeugen voran und stellen sie vor neue Herausforderungen. Die Präzisionswerkzeughersteller präsentierten auf der EMO Hannover 2007 neue Produkte und Bearbeitungsverfahren dazu. Außerdem wurden neue Werkzeuggenerationen bestehender Produkte vorgestellt, die hinsichtlich Prozessstabilität und Verschleißfestigkeit teilweise erheblich verbessert wurden.

Als wesentlicher Trend im Präzisionswerkzeugbau kann die zunehmende Nachfrage an keramischen Schneidstoffen gesehen werden. Der erst seit wenigen Jahren eingesetzte Herstellungsprozess für diese Werkzeuge wurde aufgrund aktueller Forschungsergebnisse neu konzipiert. Damit können Schneideformen hergestellt werden, deren produktiver Einsatz vorher nicht möglich war. Das Material kann nur in Kombination mit der optimalen Schneideform die Werkzeugstandzeit maximieren.

Auch im Werkzeugbau spiegelt sich der Bedarf an zusätzlichen Dienstleistungen rund um die Kernprodukte anhand differenzierter Serviceangebote und steigender Umsätze in diesem Bereich wider. Den Marktbedürfnissen entsprechend stellten die Präzisionswerkzeughersteller auf der EMO Hannover 2007 modular aufgebaute Dienstleistungspakete vor. In der Vergangenheit konnte beobachtet werden, dass sich der Angebotsschwerpunkt weg vom einzelnen Werkzeug hin zum Gesamtkonzept verschiebt. Mit neuen Dienstleistungen können die Kunden zusätzlich zum Wissen, das in den Werkzeugen steckt, auch vom Prozesswissen der Profis profitieren. Ob Werkzeugauswahl, Zubehörzusammenstellung, Parameter- oder Prozessauslegung und Instandsetzung: Die auswählbaren Services können modular und kundenindividuell aus Leistungspaketen zusammengestellt werden.

Automation, Komponenten und Zubehör
In der Steuerungstechnik sind Innovationen weniger an der Bedienoberfläche, sondern vielmehr im Unterbau vorgenommen worden. So stellte ein bekannter Hersteller von Steuerungs- und Messsystemen vor, wie seine Komponenten künftig ausschließlich digital über Echtzeit-Ethernet kommunizieren. Dies erhöht die Geschwindigkeit des Informationsaustausches, uns soll dazu beitragen die Integration neuer Komponenten in die Steuerung zu vereinfachen.

Auch am Front-End sind beeindruckende Fortschritte zu sehen. Die Steuerungshersteller selbst wie auch die Werkzeugmaschinenhersteller stellten einsatzbereite, produktive Lösungen für virtuelle Steuerungen vor, die bislang nur als Entwicklungsversionen ausgestellt wurden. In Verbindung mit dem kinematischen Modell einer Werkzeugmaschine lassen sich neue Einsatzgebiete erschließen. So können beispielsweise hundertprozentige Abbildungen der realen Maschinensteuerung inkl. Bedienpanel auf einem Standard-PC mit berührungssensitivem Bildschirm für Schulungszwecke eingesetzt werden. Sämtliche Verfahrbewegungen lassen sich so gefahrlos testen, das Verhalten der Maschine und deren Kinematik leicht erlernen.

Komponentenhersteller werden durch die Anforderungen ihrer Kunden motiviert, Trends wie z.B. Energieeinsparung im Betrieb aufzugreifen. Auf der EMO Hannover 2007 wurde u.a. ein Planeten-Schaltgetriebe für Werkzeugmaschinen vorgestellt, mit dem es möglich ist, die Planetenstufe in der 1:1-Schaltung zu entkoppeln. Dadurch kann im direkten Durchsatz der Erwärmungsverlust reduziert und der Kühlaufwand verringert werden.

Sonstiges
Die Qualitätssicherung war auf der EMO Hannover 2007 mit unterschiedlichen Neuerungen vertreten. Höhere Messleistungen in kürzerer Zeit mit kompakteren Messsystemen zu erreichen war ein Schwerpunkt der Aussteller aus diesem Fachgebiet. Zum Beispiel verkürzt ein sehr bedienerfreundlich aufgebautes Verzahnungsmesssystem die Messzeiten, indem ein automatisierter Tasterwechsler unterschiedliche Messaufgaben an einem Bauteil sehr schnell erledigt.
Ein weiteres Highlight der diesjährigen Messe war ein 5-Achsen-Vermessungssystem, das bereits auf der letzten EMO im Jahre 2005 vorangekündigt wurde und nun serienreif ist. Es kann komplette so genannte Blisks (Bladed Disks) von Flugzeugtriebwerken in rund 4,5 Minuten vermessen. Das entspricht einer Verkürzung der Messzeit zu vorherigen Systemen um 922 Prozent bzw. 41,5 Minuten.

Das kleinste Schaltmesssystem mit Funkübertragung der Welt bewies, dass auch in einem schwierigen Messumfeld kabellos mittels programmierbarer Fernbedienung gearbeitet werden kann. Dieses System arbeitet mehrere Stunden autark und weist einen Übertragungsbereich von rund 15m auf. Um international einsetzbar zu sein, ist das Funkmesssystem auf das Frequenzband mit 2,4GHz ausgelegt.

Ein absolut neuartiges optisches Vermessungssystem, präsentiert auf der diesjährigen EMO, erfüllte den Wunsch nach präziser und regelmäßiger Qualitätskontrolle von bisher nicht erfassbaren filigranen Rohren und Drähten (z.B. Bohrer für Zahnarztpraxen).

Kundenwünsche nach unterschiedlichen Bearbeitungstechnologien innerhalb einer Maschine oder nach Abdeckung eines großen Spektrums von Werkstückgeometrien sind im Sondermaschinenbau wichtige Themen. Hier kann z.B. eine so genannte Rundtaktmaschine für Dreh- und Nachbearbeitungsaufgaben eine echte Alternative zu CNC-Mehrspindelmaschinen sein. Dieser Rundtakter kann Stangendicken von bis zu 80 mm (optional 100 mm) Durchmesser verarbeiten. Darüber hinaus kann die Anlage auch die Rückseite der Werkstücke in kurzer Zeit bearbeiten.

Auf seine besonders exakten Ergebnisse für den Werkzeug- und Formenbau ist ein Hersteller von Erodiermaschinen Stolz. Um den eigenen höchsten Ansprüchen zu genügen, wurden nicht nur die Maschinen, sondern auch die Maschinensteuerungen in Eigenregie entwickelt. Ein Highlight war eine in dieser Klasse bislang einzigartige Senkerodiermaschine. Sie vereint Merkmale, die in der Welt des Formenbaus bisher als Widerspruch galten; sie bietet Effizienz und ist bis auf wenige Tausendstel Millimeter genau bei höchster Wiederholgenauigkeit; sie hält dafür einen Verfahrweg von 700 x 500 x 500 mm vor. Damit können auch sehr große Werkstücke bearbeitet werden. Der multifunktionale Einsatz dieser Maschine für kleine und große Teile deckt ein breites Einsatzspektrum für Elektroden und Werkstücke ab.

Die Trends und Neuentwicklungen der vergangenen Jahre bzgl. der integrativen Fertigungssimulation und virtuellen Fertigungsplanung sind zu einsatzfähigen Produkten gereift. Die auf der EMO Hannover 2007 vorgestellten CAM-Produkte und NC-Simulations-lösungen helfen dem Fertigungsplaner, den Fertigungsprozess hinsichtlich ausgewählter Kriterien wie Fertigungszeit oder Oberflächengüte zu verbessern und zu verifizieren. Dazu werden ausgeklügelte, intelligente Fertigungsstrategien für typische Formelemente entwickelt und in neue Softwareversionen implementiert. Planung und Fertigung werden häufig nicht von ein und derselben Person verantwortet. Umso mehr erfordern heutige Prozesse eine Überprüfung, ob die geplanten Werkzeugwege kollisionsfrei erfolgen. Sie kann bereits durch den Fertigungsplaner mit Hilfe von NC-Simulationsprodukten virtuell erfolgen. Der Preis dieser Lösung ist durch den niedrigeren Maschinenstundensatz ebenso wie durch die Vermeidung von Kollisionen schnell wieder eingeholt. Technische Leistungsdaten der Maschinen und Werkzeuge können ebenfalls in die Planung einbezogen und so beispielsweise der Vorschub entsprechend der Abtragsbedingung angepasst werden. Die bisweilen noch händische und ungenaue Zustellung mittels Handrad durch den Maschinenbediener gehört bei automatisierten und reproduzierbaren Prozessen der Vergangenheit an.

Chinesische Aussteller
Zum ersten Mal ist die Volksrepublik China mit 86 Ausstellern unter den Top Five Ausstellernationen auf der EMO Hannover vertreten. Für sie ist die Automobilindustrie der größte Abnehmer. Künftig wird auch die Luftfahrtindustrie zunehmend interessanter. 2006 wurden insgesamt rund 80 000 CNC-Werkzeugmaschinen produziert und abgesetzt (EMO daily 4 MM v. 20.09.2007).
Zusammenfassung
Die Trends der vergangenen Jahre haben sich seit der EMO Hannover 2005 fortgesetzt. Dabei sind viele Systeme, speziell Softwareprodukte, vom experimentellen Stadium für einen produktiven Einsatz beim Kunden weiter entwickelt worden. Die Einbeziehung der Kosten während der Nutzungszeit in die Investitionsentscheidung und das wachsende Umweltbewusstsein haben die Hersteller von Werkzeugmaschinen und Werkzeugen vor neue Herausforderungen gestellt. Hierzu präsentierten die Aussteller auf der EMO Hannover 2007 vermehrt Lösungsvorschläge. Die Erhöhung der Produktivität und der Flexibilität neuer Maschinen bleiben Antriebsmotor des deutschen und europäischen Wirtschaftswachstums.

Autoren:
Dipl.-Ing. Patryk Hoppe, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, Leibniz Universität Hannover
Dipl.-Ing. Marcus Kamp, Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen, Leibniz Universität Hannover