Mechatronik für ‚Musterschüler’

VDW und Naxos beteiligen sich an Pilotprojekt: FabrikSpiel weckt Lust auf technische Berufe

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Männliche und weibliche Ingenieure und gut qualifizierter Facharbeiternachwuchs sind Mangelware. Jahr für Jahr entscheiden sich immer mehr Schüler und Schülerinnen für nicht-technische Berufe und gegen typische Arbeitsplätze in der Industrie. Ein Grund: Die Arbeitsstätte Fabrik ist eine große Unbekannte mit schlechtem Ruf. Für Abhilfe an der Frankfurter Musterschule sorgte jetzt ein FabrikSpiel, an dem sich VDW und Naxos-Union beteiligten.

Gegen Nachwuchssorgen der besonderen Art haben die beiden Technik-Journalisten Nikolaus Fecht (Gelsenkirchen) und Michael Pyper (Wehrheim/Taunus) etwas: das FabrikSpiel. Gemeinsam mit Philip Verplancke von Kaleidoskop e.V. aus Frankfurt am Main, dem Regionalveranstalter des jährlichen Roboter-Wettbewerbs ‚First Lego League’, entwickelten sie ein Konzept, mit dem sie Schüler und Schülerinnen spielerisch für den Arbeitsplatz Fabrik begeistern wollen.

Was unterscheidet ihr Konzept von der Vielzahl anderer Aktivitäten? Praktisch alle anderen Förderprogramme setzen viel zu spät, erst in der Oberstufe, ein. Das FabrikSpiel richtet sich deshalb bewusst an die unteren Jahrgangsstufen, die sich bei der Fächerwahl noch nicht festgelegt haben. Das Prinzip: Die Schüler besichtigen eine Fabrik und erhalten dort eine Aufgabenstellung aus dem Produktionsalltag, die sie dann als Jung-Entwickler in der Schule mit einfachen Mitteln in die Tat umsetzen. Mit diesen FabrikSpielen soll die Neugier und die Begeisterung für spannende Berufe geweckt werden.

Bild 1:Erfolg ohne Vorkenntnisse: Drei Tage reichten den jungen Damen, um einen eigenen Roboter zu konstruieren und zu bauen.

Die Idee verwirklichten die drei FabrikSpiel-Erfinder erstmals im Juli gemeinsam mit dem VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V.) und der Naxos-Union GmbH (beide aus Frankfurt am Main) an der Musterschule, die vor über 200 Jahren als „Probier- und Experimentierschule“ gegründet wurde.

Zum Probieren und Experimentieren haben die Gymnasiasten aus dem Frankfurter Nordend immer noch große Lust. Der Andrang für die Projektwoche war so groß, dass zwei Gruppen mit jeweils 20 Schülern der Klassen fünf bis sieben gebildet wurden. Die Aufgabenstellung (Bau einer Automatisierungsanlage) entstand gemeinsam mit dem traditionsreichen Maschinenbauer Naxos-Union (Emag-Gruppe). Was dort entsteht, erklärt die elfjährige Schülerin Thao-Vy: „Die stellen Kurbelwellen her. Nein, Schleifmaschinen für Kurbelwellen!“ Dort erfuhren sie aber auch von Naxos-Ingenieur Michel Bieniara, wie ein Konstrukteur vorgeht.

Bild 2: Fabrik-Besuch mit Folgen: Angeregt durch die Naxos-Union-Besichtigung bauten Schülerinnen und Schüler der 5. bis 7. Klasse eine Kurbelwelle.

Schüler mit technischen Vorkenntnissen entwickelten daraufhin mit Hilfe eines Lego-Baukastens Sortierstationen, die Bälle nach Farbe und Größe ordnen. Die zweite Gruppe besaß keinerlei Vorkenntnisse: Physiklehrer Dr. Wolfgang Seelinger brachte ihnen daher zunächst das Programmieren von Lego-Robotern bei, die sie anschließend nach Anleitung bauten.

Am letzten Tag der Projektwoche schlug dann die Stunde der Wahrheit: Die Schüler präsentierten Michel Bieniara und Sandra Hofer (Naxos Union) sowie Dr.-Ing. Timo Würz (Leiter Forschung und Entwicklung des VDW) ihre Fertigungsstationen und Roboter. Die Experten aus dem Maschinenbau waren sichtlich überrascht über die Pfiffigkeit. So sah sich ein Viererteam mit Vorkenntnissen aus Roboter-Wettbewerben die Lösungen an und entschied kurzerhand: „Das ist ja alles viel zu kompliziert. Wir bauen eine kleine, kompakte Station.“

Bild 3: Jung-Erfinder mit Programmier-Know-how: In drei Tagen entstand eine Sortieranlage, die Bälle nach Größe, Farbe und Gewicht trennt.

Kommentar eines erwachsenen Experten: „Die denken ja schon an den ‚Small Footprint’!“
Was folgt nach dem erfolgreichen Pilotprojekt? Mitinitiator Michael Pyper: „Wir machen auf jeden Fall weiter. Schon allein wegen des einen Schülers, der zum Abschied sagte: ‚Vielen Dank, das war sehr interessant.’ Genau das wollen wir erreichen.“