Ariane und der Nullpunkt

Als es bei FIBRO RT darum geht, eine alte Karusselldrehmaschine zu ersetzen, soll dies nicht eins zu eins geschehen. So schafft jetzt ein neues Dreh-Fräszentrum die benötigten Voraussetzungen und Kapazitäten für die Kom­plettbearbeitung der vielfältigen Rundtische. Für die Fertigung der oft kundenspezifischen Rundtische pulverisieren ergän­zende Nullpunktspannsysteme von AMF Spannvorgänge und Rüstzeiten geradezu.

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AMF-Nullpunktspannmodule und weitere Maßnahmen ertüchtigen ein Dreh-Fräszentrum für die Komplettbearbeitung der FIBRO RT Rundtische in einer Aufspannung. ©Bildquelle: AMF

„Über 100 Mannjahre hat unsere alte Karusselldrehmaschine auf dem Buckel, da war es klar, dass eine neue Lösung hermusste“, erzählt Harald Werner. Dennoch wollte der Fertigungsleiter von FIBRO RT nicht den naheliegenden Weg gehen und die 34 Jahre alte, im Dreischichtbetrieb laufende Maschine einfach ersetzen. Ihm waren nämlich auch die sieben Aufspannungen auf drei Maschinen ein Dorn im Auge, die für die Herstellung der Rundtischgehäuse nötig waren. Die sind ein wichtiger Teil der Rundtische, für die das Weinsberger Unternehmen als Allrounder bekannt ist. Werner sieht sofort das Potenzial, das im Drehfräsen liegt und das ein neu zu beschaffendes Dreh-Fräszentrum ausschöpfen könnte.

Bessere Oberflächen durch geringere Vibrationen

Acht AMF-Nullpunktspannmodule sind in einer Zwischenplatte eingelassen, auf der die Grundplatte für die Werkstück-Spannung aufsetzt. ©Bildquelle: AMF

Kein anderer Hersteller deckt diese Bandbreite der unterschiedlichen Antriebs- und Verriegelungskonzepte für Rundtische ab, wie FIBRO RT. So gehören Schneckenantrieb oder Hirth-Verzahnung genauso zum Repertoire wie dreifache Hirth-Verzahnung oder Torqueantrieb. Die Durchmesser reichen dabei von Kategorie null bis zwölf, also von 100 bis 2500 Millimeter. Eingesetzt werden sie für Montageaufgaben, als Schwenk- oder Positionierachse sowie als Werkstückträger in Werkzeugmaschinen.

Dabei hat sich FIBRO RT als Erstausrüster für zahlreiche namhafte Werkzeugmaschinenhersteller etabliert. Auch einen Schwerlast-Positioniertisch für die dynamische und präzise Positionierung großer und schwerer Teile führen die Weinsberger im Programm. Auf dem mit 4400 mm Durchmesser größten und mit 400 to belastbarsten bei FIBRO RT gebauten Rundtisch werden Tanks für die ESA-Trägerrakete Ariane 5 geschweißt.

Mit beidseitig bestückten AMF-Nullpunktspannmodulen schaffen Spannkonsolen die nötige Distanz zur Grundplatte für eine 5-Seiten-Bearbeitung. ©Bildquelle: AMF

Die anspruchsvolle Fertigung der meist kundenspezifischen Rund­tische umfasst im wesentlichen die Prozesse Drehen, Fräsen und Schleifen. Alleine für das Bearbeiten der Unterseite eines solchen Gehäuses kommen bis zu 100 Werkzeuge zum Einsatz. Hierzu wurde eine neue Softwareversion für das NC-Programmiersystem beschafft. Für Programmierer Valeri Hochweiß eine anspruchsvolle Aufgabe, aber die vorhandene Version konnte die komplexen neuen Aufgaben, vor allem die Fräs-Drehoperationen mit 5-Achsanwendung nicht bewältigen.

Mit AMF-Nullpunktspannmodulen ist das Werkstück bei FIBRO RT nun in drei bis vier Minuten gespannt, was früher mit Spanneisen, Distanzstücken und Verschraubung 30 bis 90 Minuten dauerte. ©Bildquelle: AMF

Hardwaremäßig sollte ein Nullpunktspannsystem wichtigster Be­standteil werden. Dabei griff man auf frühere Erfahrungen zurück, als man für ein anderes Projekt fünf Systeme getestet hatte, drei pneumatische und zwei hydraulische. Nachdem die Grundsatzent­scheidung schnell auf Hydraulik fällt, gewinnt das AMF-Nullpunk­tspannsystem den Vergleich mit dem Wettbewerber. Werner schildert einen entscheidenden Vorteil: „Wir haben mit der AMF-Lösung bessere Oberflächen und deutlich höhere Werkzeugstandzeiten erzielt.“

Für AMF-Verkaufsleiter Erik Laubengeiger ist das keine Überraschung. „Mit unseren extrem starken hydraulischen Modulen schaffen wir es immer wieder, die Vibrationen beim Schruppen und Schlichten sehr gering zu halten, was die genannten Resultate erbringt, aber auch der Genauigkeit dient.“ Die ist für Werner ebenso wichtig, schließlich „brauchen wir eine Genauigkeit von 1/100 mm in drei Ebenen, nämlich Gehäuseober- und –unterseite sowie koaxial bei den Bohrungen für die Schneckengetriebe.“

Durch nur noch eine Aufspannung erhöht sich die Präzision, die FIBRO RT in drei Ebenen benötigt: Ober- und Unterseite sowie koaxial für die Schneckengetriebe. ©Bildquelle: AMF

Pulverisierte Rüstzeiten

Mit Einzugskräften von je 25 kN und Haltekräften von je 55 kN span­nen hydraulisch betätigte AMF-Nullpunktspannmodule vom Typ KH20 die schweren Werkstücke. „Die hydraulische Betätigung mit 50-60 bar Öffnungsdruck ermöglicht es, dass in ihrem Innern sehr starke Federn verbaut werden können, die ständig nachspannen, ohne dass das Medium anliegt“, erklärt Laubengeiger.

Diese permanent aktive große Spannkraft wirkt dem gesamten System entgegen, in dem sich das Werkstück durch die bei der Bearbeitung auftretenden Schwingungen lockern kann, wenn beispielsweise schwächere Spannmodule mit weniger Haltekraft eingesetzt werden. Dieses Bewusstsein war bei FIBRO RT seit der Entscheidung präsent, als AMF Nullpunktspann­module für die besten Oberflächen sorgten. Die Deckel und Kolben der Module sind gehärtet. Die Wiederholgenauigkeit beim Spannen liegt bei unter 0,005 mm (5 µ).

Acht Module sind in einer Zwischenplatte eingelassen, die wiederum mit dem Drehtisch verankert ist. Auf dieser setzt die Grundplatte für die Werkstückspannung auf. Darauf werden nach oben vier Spannkonsolen von je 200 mm Länge eingespannt, die AMF kundenspezifisch herstellt. In ihren Ober- und Unterseiten sind ebenfalls Nullpunktspannmodule von AMF eingebracht, mit denen sie sich einerseits direkt mit den Spannbolzen auf der Grundplatte verankern und in die andererseits das Werkstück, das Rohteil eines Rundtischs, gespannt wird. Auch dies geschieht über direkt in das Werkstück eingebrachte Spannbolzen. So ist eine Fünfseitenbearbei­tung möglich und die Unterseite kann in der gleichen Aufspannung bearbeitet werden, wie die anderen Flächen. „In drei bis vier Minuten ist so ein Werkstück nun bearbeitungsfertig gespannt. Früher mit Spanneisen, Distanzstücken und Verschraubung dauerte das 30 bis 90 Minuten“, betont FIBRO RT-Urgestein Werner, dessen Berufslauf­bahn 1980 mit einer Schlosserlehre bei den Weinsbergern begann.

Vorhandene Potenziale zu mehr Produktivität heben

 

Auf Maschinenbediener Daniel Karsch liegt jetzt weniger Verantwor­tung, ob das Werkstück richtig aufgespannt ist. „Alles ist deutlich einfacher, schneller und sicherer. Ich kann mich jetzt viel stärker auf die Qualität im Bearbeitungsprozess konzentrieren.“ Der kann für ein solches Werkstück schon Mal über seine Schichtdauer hinausgehen und zehn Stunden betragen. „Umso wichtiger ist es, dass wir von Anfang an wissen, dass das Bauteil richtig gespannt ist“, bringt es Meister Thomas Scholl auf den Punkt.

Die geforderte Genauigkeit bei FIBRO RT beträgt 1/100 mm über die gesamten Abmessungen des Rundtischs. ©Bildquelle: AMF

Werner schwört auf das Potenzial, das in der Dreh-Fräs-Bearbeitung auf einer einzigen Maschine steckt. „Da steckt noch viel Produktivität drin, die wir nach und nach noch ausschöpfen werden.“ Und da meint der erfahrene Experte nicht nur die Anzahl der Spannvorgänge und die Zeitersparnis. Vor allem geht es ihm auch um die Präzision, wenn er betont, „dass die Genauigkeit größer ist, wenn nur einmal gespannt wird. Dazu gehört auch, dass wir weniger Spannungen im Teil haben, die später wieder größere Toleranzen erfordern.“ Werner blickt dabei auch über den Tellerrand der Bearbeitung hinaus. „Wir müssen mit einer Fertigung in Deutschland stets daran denken, wie wir alle Potenziale zur Produktivitätssteigerung heben können, um weiterhin wettbewerbsfähig zu sein.“ Die Abnahme beim Maschinenhersteller Reiden glich einem Schaulaufen mit viel Lob für das „sehr gut vorbereitete FIBRO RT-Team.“

Kraftvolles Spannen verlängert Werkzeugstandzeit deutlich

Mit bis zu 400 U/min dreht der komplette Aufbau für die Drehbearbeitung. ©Bildquelle: AMF

Was die Einbauspannmodule noch dazu beitragen können, zeigt sich bei der Bearbeitung der Kurvenbahn eines Grundkörpers für ein Kurvengetriebe. In die senkrecht aufgespannten, bis zu 400 mm langen Werkstücke mit bis zu 350 mm Durchmesser werden die Kurvenbahnen gefräst und nach der Wärmebehandlung geschliffen. „Eine extrem diffizile Arbeit“, erklärt Scholl. Vor allem hier zeige sich die höhere Oberflächengüte, die auf die geringeren Vibrationen zurückzuführen sind.

Und die Standzeit des Werkzeugs hat sich dabei deutlich verbessert. „Ein spezieller Fräsvorgang dauert etwa 90 Minuten. „Den machen wir heute mit einem einzigen Werkzeug, wo wir früher zwei bis drei einsetzen mussten“, so Scholl.

(v.li.) Erik Laubengeiger (AMF), Harald Werner, Daniel Karsch, Thomas Scholl, Valeri Hochweiß (alle FIBRO RT). Gemeinsam haben sie das Dreh-Fräszentrum für die Komplettbearbeitung der Rundtische in Betrieb genommen. ©Bildquelle: AMF

AMF-Fachberater Laubengeiger trägt mit Knowhow, Erfahrung und den passenden Produkten gern dazu bei. „Wir unterstützen unsere Kunden nicht nur bei der Anwendung unserer Produkte, sondern beraten auch aus unserem riesigen Pool von Anwendungen heraus, wie sich Fertigungsprozesse grundsätzlich optimieren lassen.“ Wenn das dann in so enger Zusammenarbeit und mit den passenden AMF-Nullpunktspannsystemen so überzeugend gelingt, wie bei FIBRO RT, hat Laubengeiger nichts dagegen.

Und wenn das darüber hinaus auch der Erforschung des Weltraumes durch die Ariane dient, dann hebt das die Arbeit aller sogar in höhere Sphären.

Kontakt:

www.amf.de