MAPAL im Wandel

Der Hersteller von Präzisionswerkzeugen hat seine Strukturen verändert und auf die Anforderungen der Branchen und Märkte neu ausgerichtet. Im Interview mit Zerspanungstechnik.de spricht Mapal-Chef Dr. Jochen Kress über die aktuelle Situation und Ausrichtung des Unternehmens.

3138
Dr. Jochen Kress im Interview. Im Hintergrund: Drei Generationen Mapal. (Bildnachweis: Dieonlinemagazine.de)

ZT.de: Technologie im Wandel – Mapal ist über Jahrzehnte in den Bereichen Automotive und Aerospace sehr stark unterwegs. Doch gerade in diesen Bereichen findet ein Wandel statt. Wie ist Ihre Einschätzung zu den aktuellen Anforderungen und den Aussichten für die Zukunft?

Dr. Kress: Einleitend muss ich vielleicht sagen, dass wir natürlich von den Entwicklungen unserer Abnehmerbranchen abhängig sind. Daher beschäftigen wir uns permanent damit, wie sich die Märkte und Branchen entwickeln. Neue Entwicklungen im Bereich der Maschinentechnologie resultieren in neuen Bearbeitungsverfahren, und wir sind dann für neue Werkzeuglösungen verantwortlich.

(Bildnachweis: Dieonlinemagazine.de)

Wenn die Automobilindustrie einen Technologiewandel vollzieht, entsteht oder schrumpft ein Marktbereich für uns. Als beispielsweise die Turbolader Einzug gehalten haben, ist auf einmal ein riesiger Markt entstanden. Mit dem langfristigen Auslaufen des Verbrennungsmotors verschwinden viele aus Zerspanersicht schöne Bauteile. Auf der anderen Seite gibt es die E-Mobilität. Da kommen neue, interessante Bauteile dazu. Dieser Technologiewandel bedeutet also für uns ein Verschieben der Fokuskomponenten innerhalb eines Marktsegments. Und mit den Märkten ändern sich teilweise auch die Akteure, sowohl bei den OEMs als auch den Zulieferern.

ZT.de: Mapal hat früh angefangen in Zukunftsprojekte z.B. für die E-Mobilität zu investieren. Wie ist der Stand heute?

Dr. Kress: Im Bereich der Elektromobilität beobachten wir diesen neuen Markt sehr intensiv. Wir haben mit den Hauptakteuren gesprochen, die Fokuskomponenten für uns als MAPAL definiert und sind in Vorleistung gegangen. Wir haben anhand von Musterkomponenten Bearbeitungslösungen erarbeitet, die wir dann in einem relativ frühen Entwicklungsstadium den Kunden präsentieren konnten. Das macht MAPAL ja auch aus, dass wir gemeinsam mit den Kunden und Partnern des Zerspanungsprozesses neue Lösungen erarbeiten.

(Bildnachweis: Dieonlinemagazine.de)

Stand heute haben wir für die von uns definierten Fokuskomponenten markt- und serienreife Bearbeitungslösungen im Programm. Dabei gehen wir sogar noch einen Schritt weiter und haben für die unterschiedlichen Entwicklungsstände des Kunden (Prototypenfertigung, Vor- und Kleinserie sowie Großserie) jeweils zugeschnittene Lösungen pro Bauteil. Damit fahren wir sehr gut.

ZT.de: Sind neue Branchen im Fokus?

Dr. Kress: Wir haben für uns vier Fokussegmente ausgerufen: Natürlich Automobil – wobei hier neben der E-Mobilität auch Antriebs-unabhängige Komponenten sowie im Moment auch noch Bauteile des Verbrennungsmotors eine Rolle spielen –, die Luftfahrt, der Werkzeug- und Formenbau und der Bereich General Machining, mit dem aktuellen Schwerpunkt Fluidtechnik und Hydraulik.

Mapal kommt ja historisch gesehen aus der Hydraulik. Die ersten Anwendungen für Mapal Feinbohrwerkzeuge waren einmal Papiermaschine und Hydraulik. (ZT.de: Papiermaschine?) Ja, tatsächlich. Bei Papiermaschinen ist hohe Präzision gefordert. Die Maschinen laufen auch sehr schnell, ein weiterer Grund für präzise Bohrungen. Und auf in der Hydraulik waren wir immer stark. Mit unserer Fokussierung auf die Automobilindustrie in den 80er Jahren haben wir diesen Markt ein bisschen aus den Augen verloren. Insofern gehen wir jetzt zurück zu den Wurzeln, nur strukturierter als vielleicht in der Vergangenheit.

ZT.de: Sind die veränderten Anforderungen von außen nicht gleichbedeutend mit hohen Investitionen in Technik oder Unternehmensstruktur- und Prozesse?

Dr. Kress: Also rein von der Werkzeugherstellung her sind wir mit unseren bestehenden Produktionsmitteln und Kompetenzen zukunftsfähig aufgestellt. Bei den Werkzeugen spielt die Auslegung eine sehr wichtige Rolle. Wie muss die Werkzeuggestaltung sein? Welche Schneidstoffe und Beschichtungen sind ideal, welche Abmessungen und Geometrien, also Makro- und Mikro-Geometrien, werden gewählt?

(Bildnachweis: Dieonlinemagazine.de)

Das ist der Kern unserer Arbeit, aber jede Branche hat so ihren eigenen Rhythmus, ihre eigene Sprache. Aber natürlich, um diesen Kern herum ist immer wichtig, die aktuellen Entwicklungen zu kennen, sich strategisch und prozessual darauf einzustellen und vor allem als Organismus zu lernen und sich in dem Hinblick weiterzubilden. Das ist dann die Investition.

Eine Anmerkung in dem Zusammenhang noch zum Technologiewandel, von dem wir vorhin gesprochen haben: Wenn sich für uns die Abnehmerbranche ändert, können wir unsere bestehenden Produktionsmittel weiternutzen. Natürlich werden in so einer Transformation produktionsseitig gewisse Dinge vorgeschrieben, aber da müssen wir jetzt keine Halle komplett zuschließen und auf der grünen Wiese neu anfangen.

ZT.de: Hat sich die Nachfrage nach Sonderwerkzeugen bzw. die Anforderungen an diese, aufgrund der neuen Technologien, für Mapal verändert?

Dr. Kress: Natürlich ist das so, bis zu dem Ausmaß, dass manche Arten an Sonderwerkzeugen auch obsolet werden. Aber man kann auch Dinge übertragen. Ein Scharnier bei einer Flugzeugtür ist zum Beispiel einer Nockenwellenlagerungsbohrung bei einem LKW-Motor aus Sicht der Werkzeugauslegung nicht so unähnlich. Wir suchen in dem Zusammenhang eher aktiv die Bereiche, die unseren Fähigkeiten entsprechen und richten uns dann konsequent daran aus.

ZT.de: Wie sieht die Zukunft der Präzisionswerkzeuge aus?

Dr. Kress: Spannend, wirklich spannend. Weil sehr viel Bewegung in unseren Abnahmemärkten ist. Das sehe ich tatsächlich als größten Treiber im Moment. Verbrennungsmotoren nahmen und nehmen immer noch einen sehr hohen Anteil ein, wenn man den Gesamtwerkzeugmarkt mit Fokus auf die Zerspanung anschaut.

„Über allem steht: Die Zerspanung sehen wir nach wie vor als ein interessantes Feld an.“ (Bildnachweis: Dieonlinemagazine.de)

Daneben stellt sich die Frage, wie sich die einzelnen Märkte in Zukunft entwickeln und ob sie zugänglich sind. Denn im Moment sehen wir ja das große Thema der politischen Blockbildung, die eher in Richtung kleinere Einheiten geht. Also früher Globalisierung, jetzt eher Lokalisierung beziehungsweise regionale Blockbildung. Das sind große Entwicklungen, deren Auswirkungen noch nicht absehbar sind.

Dann die Themen CO2-Footprint, Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, und dazu die demografische Entwicklung. Auch mit der Digitalisierung sind wir noch nicht durch, unsere Kunden ebenso wenig. Also: Da kommen im Moment viele unklare Rahmenbedingungen und Anforderungen auf uns zu, anhand derer man sich immer wieder neu orientieren muss, um weiterhin in der Branche mitspielen zu dürfen. Da muss eine Firma schon sehr gesund aufgestellt sein, um diese Einflüsse bewältigen zu können.

ZT.de: Und die Ziele von Mapal?

Dr. Kress: Naja, kurzfristig immer der nächste Auftrag (lacht) Unsere mittelfristigen Ziele haben wir ein Stück weit in der Reorganisation zum Ausdruck gebracht: Wir haben Fokusmärkte definiert, in denen wir erfolgreich sein wollen. Auch das Thema Prozessorientierung findet in der neuen Organisation ihren Ausdruck. Damit wollen wir uns schlussendlich dort verbessern, wo wir den Eindruck haben, wir erfüllen die Anforderungen des Marktes und unsere eigenen nicht so, wie wir uns das vorstellen.

Über allem steht: Die Zerspanung sehen wir nach wie vor als ein interessantes Feld an.

Kontakt:

www.mapal.com