Kühlschmierstoff-Einsatz unter der Lupe

Forschende am IFW Hannover untersuchen zurzeit den Einfluss von Kühlschmierstoff auf die Spanbildung, da die zugrunde liegenden Wirkmechanismen hierbei weitestgehend unbekannt sind. Lars Ellersiek, Leiter der Abteilung Zerspanung, berichtet in diesem Artikel über das Projekt.

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Das IFW Hannover erforscht derzeit den Einfluss von Kühlschmierstoff auf die Spanbildung. (Bildnachweis: IFW Hannover)

Das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover erforscht derzeit den Einfluss von Kühlschmierstoff auf die Spanbildung. Auch wenn der positive Effekt des Kühlschmierstoffs für viele Anwendungen belegt ist, sind die zugrunde liegenden Wirkmechanismen des Kühlschmierstoffs auf die Zerspanung weitestgehend unbekannt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich die Vorgänge an der Spanfläche aufgrund der begrenzten Zugänglichkeit nur unzureichend beobachten lassen.

Diese Problematik wurde am IFW Hannover aufgegriffen, indem ein Hobelprüfstand zur Erstellung von Hochgeschwindigkeitsaufnahmen im orthogonalen Schnitt um eine KSS-Einheit erweitert wurde. Die KSS-Einheit besteht aus einem Druckspeicher, in dem vor den Untersuchungen Kühlschmierstoff über eine Handpumpe mit definiertem Druck gespeichert wird. Mit Beginn der Verfahrbewegung des Hobeltisches wird das Ventil des Druckspeichers geöffnet und der Kühlschmierstoff wird impulsartig mit hohem Druck der Zerspanzone zugeführt.

Die Hochgeschwindigkeitskamera wird dabei durch den Halter der KSS-Düse, eine Umhausung und ein Saphirglas vor dem Kühlschmierstoff geschützt. Der Aufbau ermöglicht es, den Zerspanungsprozess beim Einsatz von Kühlschmierstoff mit Drücken bis 70 bar mit bis zu 12-facher Vergrößerung hochaufgelöst zu beobachten. Durch das Druckspeichersystem ist zudem ein einfacher Austausch und eine Gegenüberstellung verschiedener Kühlschmiermedien möglich.

Mit Hilfe des Prüfstands lässt sich die Spanbildung beim Einsatz von Kühlschmierstoff detailliert beobachten. So ist bei hohen KSS-Drücken ein Umknicken des Spans durch die hohe Strahlkraft des KSS nachweisbar. Zudem lässt sich bei hohen Drücken deutlich ein Eindringen des KSS in den Spalt zwischen Span und Spanfläche erkennen. Diese Kenntnisse können wiederum auch für Analysen des Reibverhaltens genutzt werden.

Hobelprüfstand sowie Hochgeschwindigkeitsaufnahmen beim Einsatz von Kühlschmierstoff (Bildnachweis: IFW Hannover)

Der mittlere Reibkoeffizient lässt sich dabei über ein 3-Komponenten-Dynamometer am Prüfstand ermitteln. In den Untersuchungen konnte insbesondere bei geringen Schnittgeschwindigkeiten eine Reduktion des Reibkoeffizienten durch den Einsatz von Kühlschmierstoff nachgewiesen werden. Dies kann auf die geringe Abfließgeschwindigkeit des Spans zurückgeführt werden, die dem KSS-Strom entgegenwirkt.

Einen deutlichen Einfluss besitzt der Kühlschmierstoff allerdings auch bei erhöhten Schnittgeschwindigkeiten von 500 m/min. In diesem Fall ergibt sich bei der Zerspanung ohne Kühlschmierstoff eine diskontinuierliche Scherspanbildung durch die erhöhte Wärmemenge im Prozess. Der Kühleffekt beim Einsatz des Kühlschmierstoffs führt dagegen zu einem kontinuierlichen Fließspan.

Spanbildung in Abhängigkeit des KSS-Einsatzes bei einer Schnittgeschwindigkeit vc = 500 m/min (Bildnachweis: IFW Hannover)

In Zukunft sind weiterführende Untersuchungen geplant, in denen die Leistungsfähigkeit unterschiedlicher Beschichtungen und Kühlschmierstoffe gegenübergestellt werden soll.

Autor: M. Sc. Lars Ellersiek | Email: ellersiek@ifw.uni-hannover.de | Web: www.ifw.uni-hannover.de