Zerspaner zum Thema Corona: Martin Krieger

Wie stellt sich die Corona-Situation für die heimatec GmbH dar? Martin Krieger, geschäftsführender Gesellschafter des Herstellers von festen und angetriebenen Werkzeugen für CNC-Maschinen äußert sich zur Situation.

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Martin Krieger, geschäftsführender Gesellschafter der heimatec GmbH

Die Situation vor Corona:

Martin Krieger: Eine spürbare Abkühlung der Wirtschaft in Deutschland war schon zu Beginn des 2. Halbjahres 2019 zu verzeichnen. Einen wesentlichen Grund hierfür sehe ich in dem ständigen Drängen weg vom Verbrennungsmotor und hin zur E-Mobilität. Dabei werden jedoch leider unsere landestypischen Werte, Kenntnisse, Entwicklungen und Erfahrungen nicht ernsthaft in Betracht gezogen, um hieraus die Möglichkeit schaffen zu können diejenigen Produkte unserer Automobilindustrie auf den Markt zu bringen, die uns wieder wesentlich unabhängiger von anderen machen und unseren Markt stärken.

Da wir im internationalen Markt tätig sind mussten wir im 1. Quartal 2020 noch keine nennenswerten Umsatzeinbrüche verbuchen, da Indien und USA 2020 noch beträchtliche Auftragszuwächse hatte.

Seit Mitte April ist bei uns eine deutliche Abkühlung der Weltkonjunktur zu spüren, wobei einer der Hauptpunkte das Virus Covid-19 ist. In Deutschland verunsichert zusätzlich ein in aller Munde hervorgerufener, nicht in allen Punkten zu Ende gedachter, Strukturwandel die einheimische Wirtschaft.

Die aktuelle Situation:

Martin Krieger: War auch das 1. Quartal 2020 noch von guter Auftragslage gekennzeichnet, haben wir seit April einen sehr deutlichen Auftragsrückgang. Wir erwarten in den Monaten Mai, Juni und Juli einen noch höheren Auftragsrückgang, da es auch nach einigen Lockerungen des Lockdowns noch Wochen, wenn nicht Monate dauern wird, um die unterbrochenen Lieferketten wiederaufzubauen. Auch das derzeit eingebrochene Kaufverhalten unserer Kunden wird sich nur langsam wieder so verändern, dass mit gesunden Zukunftsperspektiven investiert werden kann.

Im zweiten Quartal rechnen wir mit einem Rückgang von ca. 50%. Da wir einen guten Start im ersten Quartal 2020 hatten und von einer leichten Belebung des Marktes ab September ausgehen, planen wir aktuell einen auf das Jahr 2020 bezogener Rückgang von 25%.

Die Maßnahmen der Politik:

Martin Krieger: Wir können von der Politik nur die getroffene Maßnahme der Kurzarbeit nutzen. Alle anderen von der Politik getroffenen Maßnahmen betreffen uns leider nicht, oder wir nehmen sie nicht in Anspruch.

In unserem großen – und dabei sehr unterschiedlichen – Kundenstamm sind auch Kunden aus der Lebensmittelindustrie und Medizintechnik. Hierbei handelt es sich um systemrelevante Zulieferer. Gerade bei solchen Kunden darf es zu keinerlei Lieferengpässe kommen, was uns täglich vor neue Herausforderungen im Umgang mit der Kurzarbeit stellt. Hier kommt uns die flexible Gestaltung der Kurzarbeit sehr entgegen.

Wünsche, Anregungen oder Forderungen an die Politik:

Martin Krieger: Die Politik sollte sich an unsere Werte erinnern und was unser Land jahrzehntelang stark gemacht – und uns so einen Wettbewerbsvorteil gebracht hat. Ich rede hier von Verbrennungsmotoren mit verschiedenen Antriebstechniken.

In diesen Bereich sollte investiert werden um schadstoff- und verbrauchsarme Verbrennungsmotoren, wie auch alternative Treibstoffe zu entwickeln – oder die, die es bereits gibt weiter zu entwickeln. Wir sollten aufhören Milliardensummen in eine E-Mobilität zu investieren von der man aber jetzt schon weiß, dass die benötigte Infrastruktur noch gar nicht gegeben ist und es noch Jahrzehnte lang dauern wird, um diese nur ansatzweise aufzubauen. Vernünftig entwickelte Verbrennungsmotoren hätten auch den Vorteil, dass wir mal wieder die Nase vorne hätten und sich nicht erneut von anderen abhängig zu machen. Ganz zu schweigen von den Umweltschäden in den Ländern, in denen die „wertvollen Erden“ abgebaut werden oder auch der Entsorgung der hohen Anzahl von Batterien.

Eine weitere Anregung wäre, die Kurzarbeit von 60/67% auf 90% -100% anzuheben, um einerseits die Kaufkraft aufrecht zu erhalten und andererseits den in Kurzarbeit stehenden Mitarbeiter die Sicherheit zu geben, ihre Verbindlichkeiten bedienen zu können.

Eine Kostenübernahme der Urlaubs-und Feiertage in Höhe der Prozente der Kurzarbeit würde den Unternehmen eine weitere Entlastung bringen.

Ebenso eine weitere steuerliche und finanzielle Entlastung und zusätzliche Unternehmenssicherung wäre, wenn Verluste eines Kalenderjahres mit den Gewinnen aus den Vorjahren verrechnet werden könnten.

Die Situation nach Corona:

Martin Krieger: Leider lässt sich nicht abschätzen, wann wir aus dieser Corona-Krise herauskommen.

Zurzeit arbeiten wir noch in einem zwei-Schicht-Zeitmodell, in dem wir versuchen unsere Mitarbeiter vor einer Ansteckung zu schützen. Weiter heißt es Abstand halten und auch Besucher und Handwerker, die uns besuchen, müssen zu Ihrer und unserer Sicherheit einen Mundschutz tragen – wobei der Abstand für uns das Wichtigste ist.

Nach dem Motto von Max Frisch: „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“, versuchen wir die Zeit als produktiven Zustand zu nutzen, überdenken Vieles in allen Bereichen und verändern Abläufe, um nach dieser außergewöhnlichen Zeit mit optimierten Abläufe effizienter, zielorientierter und kostensparender arbeiten zu können.

Ebenso bietet diese Situation jetzt die Möglichkeit liegengebliebene Ideen, Entwicklungen und Konstruktionen wieder aufzunehmen und voranzutreiben, um mit neuen und teilweise erweitertem Portfolio zum richtigen Zeitpunkt auf den Markt zu kommen.

Und sonst?

Martin Krieger: Wir sollten wir uns dem Ernst der Lage, den Risiken und Gefahren dieser Situation bewusst sein, schnell und überlegt handeln, heute schon für morgen überlegen und ggf. investieren – denn auch diese Krise hat ein Ende.

Kontakt.

www.heimatec.de