Mit SolidCAM auf den Mars

Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie programmierte Fräsprogramme für die mechanischen Teile des Röntgenspektrometers APXS mit SolidCAM

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Ob jemals ein Mensch unseren roten Trabanten betreten wird, bleibt einstweilen fraglich. Dass die jüngsten Erkundugsprojekte auch wesentliche Grundlagen dafür schaffen, steht indes außer Frage. Wie und wann auch immer: Die bisher zur Erde gefunkten Bilder und Analyseergebnisse der beiden US-amerikanischen Mars-Roboter Spirit und Opportunity jedenfalls sind von überragender Qualität und begeistern nicht nur die Fachwelt. Und: Die beiden Missionen sind schon jetzt ein großer Erfolg – für die NASA sowieso, aber auch für Forscher, Entwickler und Techniker aus Deutschland. Denn ein ganz entscheidendes Analysegerät namens APXS, ein Alpha-Röntgen-Spektrometer für die Analyse der Marsoberfläche, entstand am Max-Planck-Institut für Chemie (MPI) in Mainz.


Bild1: Feldgeologen: Die Mars-Rover wiegen etwa 185 kg und sind zirka eineinhalb Meter lang. Der bewegliche Arm trägt drei Instrumente und ein Werkzeug, um die ausgewählten Proben genau zu studieren. Die Instrumente liefern von den Proben die chemische sowie mineralogische Zusammensetzung und Nahaufnahmen (Bild: © NASA).

Bis „Innenleben“ und Mechanik des APXS soweit perfektioniert waren, dass sie alle Eventualitäten während Reise und Mission überstehen, durchlief die Entwicklung natürlich zahllose Iterationsschleifen. Und genau das war für Thomas Kenntner aus der mechanischen Werkstatt des MP-I, Mainz dann auch ein wesentlicher Grund sich für die NC-Programmierung der beiden BAZs von DMG nach einem geeigneten CAM-System umzuschauen. Kenntner: „In der Entwicklungsphase gab es immer wieder konstruktive Änderungen. Wir haben die NC-Programme anfangs direkt an der Maschinen CNC erstellt. Aber das war gelinde gesagt ein Krampf.“ Und angesichts der Tatsache, dass für die mechanischen Komponenten zum Teil sehr exotische Werkstoffe eingesetzt werden, kostet jeder Fehler bei der Bearbeitung nicht nur Zeit sondern auch viel Geld. „Besonders heikel war die Bearbeitung des Werkstoffes Polyimid, der sowohl für sehr hohe als auch sehr niedrige Temperaturen geeignet ist. Das Material ist auf Grund seiner Eigenschaften sehr teuer.“


Bild2&3: Spürnasen: Mit Hilfe eines Alpha-Röntgen-Spektrometers (APXS) analysieren die Mars-Roboter Spirit und Opportunity die Zusammensetzung des Marsbodens. Wesentliche Teile des APXS, wurden am Max-Planck-Institut für Chemie entwickelt und gefertigt. Bei der Programmierung der Fräsprogramme setzen die Mainzer auf SolidCAM.

Die erwünschte CAM-Lösung kam dann vor etwa zwei Jahren in Form einer Demo-Version von SolidCAM ins Haus. Thomas Kenntner „war sofort begeistert. Ich hab die Demo installiert und hatte innerhalb von nur einer Stunde das erste kleine NC-Programm fertig.“ SolidCAM überzeugte aber nicht nur durch seine plausible, selbsterklärende Vorgehensweise. Für Kenntner und seine Kollegen in der Fertigung waren vor allem auch die Möglichkeiten „die Bearbeitung am 3D-Modell zu simulieren sehr überzeugend. Programmierfehler sind da nahezu ausgeschlossen“. What you see, is what you mill. Ein weiteres Plus erntete SolidCAM durch die Möglichkeit Maschinenprozesse zu definieren. Dadurch lassen sich wiederkehrenden Bearbeitungen zusammenfassen. Wenngleich das vor allem bei der Programmierung von Teilefamilien richtig Zeit spart, lässt sich diese Funktion auch bei Einzelteilen sinnvoll einsetzen. Kenntner: „Mit SolidCAM lassen sich zum Beispiel an einem Werkstück mehrfach einzubringende Bohrungen und Gewinde zu Maschinenprozessen zusammenfassen. Einmal definiert lassen sich diese dann quasi via Mausklick in neue Programme einbinden.“


Bild4&5: Made-in-Germany: Am Erfolg der Marsexpedition hat das Alpha-Röntgen-Spektrometer (APXS ) für die Untersuchung der Marsoberfläche großen Anteil. Das Gerät entstand am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz. Besonders heikel war die Bearbeitung des Werkstoffes Polyimid, der sowohl für sehr hohe als auch sehr niedrige Temperaturen geeignet ist. Das Material ist auf Grund seiner Eigenschaften sehr teuer.

Nach der überzeugenden Demo, wurde flugs eine Vollversion inklusive zweier angepassßter Postprozessoren für die Heidenhain-CNCs der beiden BAZs bestellt und sofort losgelegt. Thomas Kenntner: „Wir haben mit SolidCAM das gesamte Gehäuse, Befestigungsflansche, den Auslösehebel aus Polyimid und einige andere mechanische Komponenten komplett programmiert. Außerdem sind die Teile und Komponenten für insgesamt sechs Simulationskammern mit SolidCAM entstanden“.

In diesen Simulationskammern wurde das APXS an verschiedenen Orten auf der Welt getestet und geeicht. Ein riesiger Aufwand zwar, aber wohl unabdingbare Vorraussetzung für eine erfolgreiche Mission. Wenn es eine Fortsetzung gibt, werden die Mainzer ziemlich sicher wieder mit Rat und Tat dabei sein. Thomas Kenntner und seine Kollegen in der Fertigung rüsten sich jedenfalls schon Mal für neue Aufgaben. Wie es ausschaut, werden die mechanischen Teile dann mit der aktuellen voll integrierten 3D-CAD-CAM-Lösung SolidWorks-SolidCAM konstruiert und NC-Programmiert.

Klaus Dieter Hennecke
FDZT