Freie Wahl der Geometrie

Rüfenacht fertigt Fördertöpfe durch Laser-Sintern

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Die Schweizer Rüfenacht AG geht bei der Herstellung von Fördertöpfen für ihre Wendelförderer einen neuen Weg. Anstatt die Töpfe aus Stahl oder Kunststoff zu fräsen, setzt Rüfenacht auf das Selective Laser Sintern (SLS). Mit diesem additiven Verfahren erzielt das Unternehmen deutliche Vorteile. Die Töpfe lassen sich in nahezu jeder Geometrie herstellen. Sie sind darüber hinaus wesentlich leichter als Varianten aus Stahl und zu 100 Prozent reproduzierbar.

 Zylindrischer Fördertopf von Rüfenacht, hergestellt mit dem Verfahren Selective Laser Sintern (SLS)
Durch Laser-Sintern lassen sich viele Geometrien realisieren wie Fördertöpfe in Treppen-Ausführung
 Durch Sintern gefertigte Fördertöpfe (links) weisen eine glattere Oberfläche auf als mit 3 D-Drucker produzierte Varianten (rechts)
 Kundenspezifisch gefertigte Anlage zum Fördern von Kleinteilen
Wabenstrukturen am Topfboden sorgen für zusätzliche Gewichtseinsparung

Anwender nutzen sogenannte Wendelförderer als Zuführsysteme für Montage- oder Bearbeitungsprozesse. Dabei gelangen zumeist Kleinteile aus einem Fördertopf durch einen Vibrationsvorgang über eine Wendel nach oben auf eine Linearstrecke, wo sie nach dem Pick-&-Place-Prinzip entnommen und weiterberarbeitet werden. Herkömmlicherweise schweißen Mitarbeiter die Wendeln in Stahl- oder Aluminiumtöpfe ein. Dies erfordert profundes Fachwissen und langjährige Berufserfahrung. Für große Fördertöpfe mit einem Durchmesser bis zu einem Meter setzt Rüfenacht nach wie vor dieses Fertigungsverfahren ein. Seit einigen Jahren fräsen viele Hersteller auch Topfrohlinge aus Stahl, Aluminium oder Kunststoff auf CNC-Maschinen.

„Um unsere Marktchancen zu verbessern, haben wir für das kleinere Produktsegment nach alternativen Fertigungsmethoden gesucht“, schildert Rüfenacht-Inhaber Rudolf Kaufmann. Die Initialzündung ging dabei vom Leiter Verkauf & Marketing Alain Stebler aus. Den trieb die Frage um: „Welches Alleinstellungsmerkmal kann ich mit unserem Produktportfolio am Markt präsentieren?“. Bei seinen Recherchen stieß Stebler auf additive Fertigungsverfahren wie 3D-Drucken. Die Schweizer erkannten das Potenzial dieser Methoden und begannen, sich in Publikationen und auf Messen intensiv über das Thema zu informieren. Impulsgeber war auch die Automobilindustrie. „Dort werden Kleinserien nicht durch teuren Spritzguss, sondern bereits in additiven Verfahren hergestellt“, sagt Stebler.

Im Zuge der Recherchen hat Rüfenacht aus den vielfältigen Möglichkeiten zwei professionelle Vorgehensweisen herausgefiltert: 3 D-Drucken und Lasersintern. Die Schweizer ließen schließlich Prototypen mit beiden Verfahren herstellen und führten Vergleichstests durch. Bei den Fördertöpfen spielen Abriebfestigkeit und Homogenität des Materials eine wichtige Rolle. „Beim Abrieb waren die Ergebnisse von Drucken und Sintern gleich“, sagt Rudolf Kaufmann. Nachteile ergaben sich beim Druckverfahren in Bezug auf die Dichtheit des Materials. „Bei den Töpfen kommt es maßgeblich auf das Eigenschwingverhalten an, weil sie ständig vibrieren. Wenn die Dichtheit nicht stimmt, gerät der Topf in Eigenschwingung, das Material wird nicht nach oben transportiert und er ist nicht zu gebrauchen“, schildert Kaufmann. Somit waren die Weichen in Richtung Lasersintern gestellt. Das Verfahren schafft die erforderliche Homogenität und hat sich im Vergleich zum Drucken darüber hinaus als flexibler und präziser erwiesen.

Rüfenacht lässt seine Töpfe derzeit noch bei einem externen Dienstleister sintern. Eine eigene Anlage ist aber schon bestellt. Sie soll ihre Arbeit im Oktober dieses Jahres aufnehmen. Vor dem Sinterprozess wird von dem Bauteil eine 3 D-Zeichnung angefertigt. Diese wird in das Maschinenprogramm übertragen und der Laser arbeitet danach vollautomatisch. Im sogenannten Backofen wird zunächst eine dünne Schicht Polyamid-Pulver automatisch aufgewalzt. Die Schichtdicke liegt zwischen 0,1 und 0,18 Millimeter. Anschließend schmilzt (sintert) der Laser lediglich die vorgegebene Struktur bei einer Temperatur von 220 Grad und härtet sie damit aus. Der Rest des Granulats bleibt „kalt“.

Der Vorgang wird Schicht für Schicht wiederholt, bis die gewünschte Form erreicht ist. Rüfenacht lässt die Töpfe von einem CO2-Laser mit 100 Watt Leistung bearbeiten. Dieser Lasertyp eignet sich besonders gut für das Sintern, weil er einen sehr genau steuerbaren Wärmeeintrag ermöglicht. Am Ende des Prozesses ist der gesamte Bauraum der Anlage mit Pulver gefüllt, das Bauteil selbst nicht mehr zu sehen. 24 Stunden beträgt die Abkühlzeit. Danach füllt der Bediener das nicht verwendete Pulver ab und entnimmt das Bauteil – auch „Kuchen“ genannt – von Hand über die Beladevorrichtung.

Je nach Produkt und Geometrie lassen sich zwischen 20 und 60 Prozent des nicht versinterten Polyamid-Pulvers wiederverwenden. Eine vollautomatische Mischanlage vermengt das Granulat mit Neumaterial. Dieser Vorgang lässt sich mehrmals wiederholen. Das Lasersintern bietet darüber hinaus einen weiteren Prozessvorteil. „Im Gegensatz zum Schweißen benötigen wir keine Stützvorrichtungen für das Bauteil. Die Form entsteht inklusive Hohlräumen komplett von unten nach oben“, beschreibt Kaufmann.

Eine große Herausforderung bestand für Rüfenacht darin, mit dem Sinterprozess auch den sogenannten Orientierungsbau umzusetzen und damit Stege oder Ausläufe mit herzustellen. „Es macht keinen Sinn, einen Rohling zu fertigen und dann aufwändig mechanisch nachzuarbeiten. Die Aussortierungsmöglichkeiten an den Töpfen müssen ebenfalls mit diesem Prozess hergestellt werden können“, erklärt Kaufmann. „Diese Funktionalitäten setzen wir heute bereits um. Wir sintern komplette Töpfe.“

Aus Sicht von Rüfenacht ergeben sich mit diesem Bearbeitungsverfahren mehrere Vorteile. Der Laser schmilzt prozesssicher konische, zylindrische oder Stufentöpfe. „Wir können damit nahezu jede Geometrie herstellen und sind gestalterisch viel freier als beim Fräsen“, sagt Kaufmann. Ist eine 3 D-Zeichnung einmal erstellt, sind die Töpfe zu 100 Prozent reproduzierbar. „Es genügt ein Knopfdruck, und wir können ein identisches Exemplar herstellen. Das spart Zeit, weil keine zusätzlichen Arbeiten anfallen“, weiß der Rüfenacht-CEO. Darüber hinaus punkten die Kunststofftöpfe durch Gewichtsvorteile. Im Vergleich zu konventionellen Töpfen aus Stahl wiegen sie um bis zu 75 Prozent weniger. Sie sind auch gut 50 Prozent leichter als Fördertöpfe, die aus Polyamid gefräst werden. Durch Lasersintern können beispielsweise am Topfboden gewichtsreduzierende Wabenstrukturen eingebracht werden.

Mittels Lasersintern stellt Rüfenacht Kunststofftöpfe des Markennamens „STARBOWL“ mit einem Durchmesser von maximal 350 Millimetern her. Kaufmann sieht in dieser Größe technologisch bedingt das Limit. Größere Ausfertigungen würden nach wie vor konventionell gefertigt. Dennoch sieht er im  Selective Laser Sintern große Potenziale. „Dieses Verfahren wird sich in Kleinserien und im Prototypenbau etablieren“, ist er überzeugt. Für die Schweizer hat sich die Herausforderung Lasersintern heute schon ausgezahlt. Neben Fördertöpfen nach Kundenvorgaben sintert Rüfenacht bereits Kunststoffteile für die Pharmaindustrie.

Kontakt:

www.ruefenachtag.ch