Bissiger Tiger beim Drehen

Walter fokussiert sich auf Produktverbesserunden Bereich Drehen und Stechen. Das Unternehmen aus Tübinger präsentiert hier seine neuesten Lösungen.

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Wechselnde Bauteile, kleinere Losgrößen und hoher Preisdruck, neue Werkstoffe und höchste Ansprüche an die Oberflächenqualität der gefertigten Bauteile: In diesem Koordinatensystem bewegen sich gegenwärtig im Prinzip alle zerspanenden Unternehmen. Hier wirtschaftlich zu arbeiten, stellt auch an die eingesetzten Zerspanungswerkzeuge höchste Ansprüche. Typisch sind dabei inkrementelle Verbesserungen oder das Ausdifferenzieren bereits bekannter Lösungen. Der Ehrgeiz der Tübinger Zerspanungsexperten von Walter geht aber darüber hinaus: Optimierungen oder Neuerungen, die keine deutlichen Produktivitätsverbesserungen für reale Kundenprozesse bringen, sieht man skeptisch. Der entwicklungsstarke Hersteller fokussiert sich deswegen vor allem auf Innovationen, die das Potenzial haben zur neuen Benchmark im Markt zu werden. In den letzten zwei Jahren hat hier vor allem der Bereich Drehen und Stechen profitiert.

Innovative Tiger·tec Gold Beschichtungslösung steigert Leistungsfähigkeit

Die Tiger·tec® Gold Familie zum Drehen erzielt durch die neue hochtexturierte TiCN und Al2O3 eine höhere Standzeit, Flexibilität und Prozesssicherheit. Bild: Walter AG

Im vergangenen Jahr haben die Zerspanungsexperten aus Tübingen auch Tiger·tec Gold Wendeschneidplatten für das Drehen auf den Markt gebracht. Sie sind eine komplette Neuentwicklung. Gegenüber den bisherigen Wendeschneidplatten dieser Anwendung bringt die neue Sorte bis zu 50 Prozent mehr Standzeit beim Drehen von Bauteilen aus ISO P-Stahl sowie für spezielle Bearbeitungen von martensitischen rostfreien Stählen und Sphäroguss.

Die neue Tiger·tec Gold CNMG120412-RP5 WPP10G Wendeschneidplatte zeigt eine 50 Prozent höhere Standzeit im Vergleich zur Vorgängersorte auf dem 56NiCroMoV7 Werkzeugstahl. Schnittdaten: Vc: 250m/min, f:0,3mm ap:2,5mm Bild: Walter AG

Den entscheidenden Unterschied für die neue Tiger·tec Gold Dreh-Wendeschneidplatten machen Aufbau und Ausrichtung der Beschichtung: Üblicherweise wird bei der CVD-Beschichtung nur die Aluminiumoxidschicht hochtexturiert, bei Walter Tiger·tec Gold geschieht das auch mit der Titancarbonnitrid-Schicht. Das erhöht die Homogenität und damit die Verschleißbeständigkeit der Beschichtung deutlich. In der Anwendung zeigt sich das im stark verringerten Freiflächenverschleiß und in der massiv reduzierten Kolkbildung. Eine verbesserte Widerstandskraft gegen Risse und eine erhöhte Zähigkeit erhalten die Tiger·tec Gold Dreh-Wendeschneidplatten durch die mehrlagig aufgebaute TiCN-Schicht.

Aufnahme Elektronenmikroskop: Hochtexturierte Kristallite sorgen für außergewöhnliche Freiflächen- und Kolkverschleißfestigkeit – die Mehrlagigkeit des TiCN steigert die Zähigkeit. Bild: Walter AG

Unter dem Elektronenmikroskop sieht man, dass in das letzte Drittel der Schicht drei Unterbrechungen eingebaut sind. Dadurch erhält die gesamte Schicht mehr Elastizität und das Eigenspannungsverhalten wird besser. Trifft die Schneide auf das zu zerspanende Bauteil, dämpft die so konstruierte Schicht die Kräfte ab, die auf sie einwirken. Das macht die Tiger·tec Gold Dreh-Wendeschneidplatten zur optimalen Lösung, wenn das Werkzeug immer wieder ins Bauteil eingreifen muss, wie zum Beispiel bei der Bearbeitung von Kurbel- oder Zahnrädern.

Der Formschluss an der dreischneidigen Wendeschneidplatte nimmt höhere Schnittkräfte auf und verhindert Bewegungen. Bild: Walter AG

Um das volle Potenzial der Tiger·tec Gold Dreh-Wendeschneidplatten auszureizen, setzt Walter außerdem einen besonderen, dreistufigen Finishing-Prozess ein: Dadurch werden Zähigkeits-, Reibungsverhalten und Rissbeständigkeit noch einmal verbessert. Durch die goldene Farbe erhöht sich der Kontrast zu den dunklen, bereits verschlissenen Schneidkanten. Deren Status lässt sich so für die Maschinenbediener deutlich leichter beurteilen und es wird sichergestellt, dass alle Schneidkanten verwendet werden.

Neben drei Varianten, die Freistiche bis zu 50° sowie zum Teil axial ermöglichen, gibt es eine Vollradiusvariante die z.B. beim dynamischen Drehen zum Einsatz kommt. Bild: Walter AG

Aktuell sind die Hauptsorten Walter Tiger·tec Gold WPP10G, WPP20G und WPP30G erhältlich: Sie decken vor allem typische Anwendungen beim Stahldrehen in der Automotive-Serienfertigung, im Allgemeinen Maschinenbau oder bei der Power Generation ab, wie das Bearbeiten von Antriebswellen, Rotornaben oder Flanschen. In einem Feldtest konnte beispielsweise der Ausstoß an Antriebswellen pro Wendeschneidplatte von 170 mit der bisherigen Lösung auf 250 Bauteile mit der Walter Tiger·tec Gold WPP20G erhöht werden.

Die neuen G4014-P verfügen über Präzisionskühlung für höhere Standzeit und Smartlock für schnellen Schneideinsatzwechsel. Bild: Walter AG

Über alle 130 Feldtests hinweg, konnte die Standzeit im Durchschnitt um ca. 50 Prozent gesteigert werden. Die Sorten lassen sich auch bei der Bearbeitung von Sphäroguss (GGG), und zum Schruppen von martensitischen rostfreien Stählen einsetzen. Es sind 24 unterschiedliche Geometrien verfügbar, darunter auch Spezialgeometrien für optimierten Spanbruch auf langspanenden, kohlenstoffarmen Stählen (MP3) oder speziell für Schnittunterbrechungen (RP7) entwickelte Geometrien.

Zusätzlich zu den drei Hauptsorten stehen die High-Performance-Sorten WKP1G (zum Schlichten) und WPP05G (zum Schruppen) zur Verfügung. Mit ihnen kann die Schnittgeschwindigkeit im Vergleich zu einer P10 Sorte um 20 bis 30 Prozent gesteigert und somit die Produktivität erhöht werden.

Kopierdrehsysteme: Mehr Präzision, gesteigerte Standmengen

Bei den neuen G4014-P Werkzeugen mit SmartLock wird die Klemmschraube im Gegensatz zu konvntionellen Stechhaltern einfach seitlich bedient. Bild: Walter AG

Auch für das Kopierdrehen hat Walter mit seinem System W1011-P eine technisch innovative Lösung auf den Markt gebracht, die gegenüber konventionellen Wendeplatten eine deutliche Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Prozesses bringt. Wichtiger Knackpunkt für die Prozesssicherheit und Präzision beim Kopierdrehen ist der Plattensitz. In den konventionellen Systemen mit VCMT- oder DCMT-Platten haben die zwar nur kleines Spiel, aber das reicht für Mikrobewegungen beim Drehen.

Dadurch leidet die Stabilität des Werkzeugs vor allem bei Freistichen bis zu 50°, aber auch generell die Präzision der Bauteile. Im neuen Kopierdrehsystem W1011-P werden die neuen dreischneidigen WL25-Wendeschneidplatten über ein Prisma, sowohl im Plattensitz als auch auf der Platte selbst, so passgenau im Halter fixiert, dass sich die nicht mehr bewegen. Das System stellt nicht nur sicher, dass die Platte wirklich korrekt sitzt, es können auch höhere Schnittkräfte aufgenommen werden. Der passgenaue Sitz verbessert zudem die Genauigkeit beim Wendeschneidplattenwechsel gegenüber ISO-Platten um über 50 Prozent. Außerdem bietet das System die Möglichkeit, in beide Verfahr-Richtungen zu arbeiten. Somit können beide Seiten der Schneidkante genutzt werden. Die neuen WL25-Wendeschneidplatten verfügen insgesamt über drei Schneiden und vier unterschiedlichen Ausführungen. Dazu verfügt das System über eine Präzisionskühlung. Es ist universell einsetzbar: Alle vier Plattentypen (neutrale, linke und rechte Ausführung sowie Vollradius) für unterschiedliche Einkopierwinkel und Anwendungen passen in denselben Halter. Alle ISO-Werkstoffe P, M, S und K lassen sich damit bearbeiten. Neben dem Kopierdrehen (zum Beispiel bei Antriebswellen, Kugellagern, Ventilen etc.) ist das Dynamische Drehen ein wichtiges Einsatzgebiet, besonders Operationen mit unterschiedlicher bzw. wechselnder Bearbeitungsrichtung.

Fester Plattensitz und einfaches Handling

Mit der neuen TigerTec Gold Hochleistungssorte WPP05G kann die Schnittgeschwindigkeit von 230m/min auf 280m/min gesteigert werden. Bild: Walter AG

Die grundlegende Verbesserung von Stabilität und Handling haben sich das Walter Entwicklungsteam auch beim Abstechsystem Walter Cut DX18 zum Ziel gesetzt. Das System ist für Durchmesser bis zu 35 mm geeignet. Die neue Walter Cut DX18 Schneideinsatzgeometrie arretiert die Platte über den Formschluss an der Stirnseite dagegen sicher. Durch den Formschluss justiert sich der neue Schneideinsatz zu 100 Prozent korrekt, auch bei sehr schmalen Stechbreiten ab 1,0mm.

Eine weitere Neuerung ist das SmartLock-System, das den Plattenwechsel auf Langdrehmaschinen erheblich vereinfacht. Bei konventionellen schraubengeklemmten Systemen muss der Maschinenbediener dafür das ganze Werkzeug ausbauen – und das in beengten und nicht immer anwenderfreundlichen, „öligen“ Maschinenverhältnissen. Beim Walter SmartLock-System sitzt die Klemmschraube seitlich am Werkzeug: Einfach den Schraubendreher ansetzen, aufdrehen und die Wendeschneidplatte wechseln.

Kontakt:

www.walter-tools.com