Integration von Geräten aus der Konsumelektronik in die Fabrikwelt

Serie: Trends bei Werkzeugmaschinen und Präzisionswerkzeugen – Folge 2

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Vernetzung, Selbstorganisation und Flexibilität gehören zu den zentralen Innovationsthemen der Aussteller auf der AMB, die internationale Ausstellung für Metallbearbeitung, vom 16. bis 20. September 2014 in Stuttgart. In der SmartFactoryKL ist dies keine Vision, sondern bereits Realität. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist die nutzerfreundliche Gestaltung der Bediensysteme. Die Forscher der Technologie-Initiative in Kaiserslautern haben eine Forschungs- und Demonstrationsanlage für die Fabrik der Zukunft aufgebaut. Prof. Dr. -Ing. Dr. h.c. Detlef Zühlke, Vorstandsvorsitzender der SmartFactoryKL, über die Integration von Geräten und Anwendungen aus der Konsumelektronik in die Fabrikwelt:

Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Detlef Zühlke leitet den Forschungsbereich Innovative Fabriksysteme (IFS) am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) und ist Vorstandsvorsitzender der SmartFactoryKL in Kaiserslautern.

Herr Zühlke, welches sind die gravierendsten Unterschiede zwischen der Fabrik von heute und morgen?

Die heutige Fabrik ist durch hierarchisch geprägte Steuerungsstrukturen mit starker horizontaler Ausprägung gekennzeichnet. Die Sensoren und Aktoren der Feldebene werden per Signalleitungen oder Feldbussysteme an SPS (Speicherprogrammierbare Steuerung) oder NC-Steuerungen angeschlossen. Diese sind wieder untereinander über Feldbussysteme gekoppelt. Das Engineering solcher Systeme ist stark signalorientiert und hardwareabhängig. In der Zukunftswelt „Industrie 4.0“ werden alle Elemente zu smarten Netzknoten, die über ein standardisiertes Netzwerk hierarchielos miteinander verbunden werden. Das bedeutet, dass jeder Sensor und jeder Aktor sowie jede SPS mit anderen Netzteilnehmern kommunizieren kann, horizontal wie vertikal.

Was bedeutet das für die spanende Bearbeitung?

Wenn wir hierfür entsprechende Standards wie TCP/IP, OPC Unified Architecture oder Webservices verwenden, schaffen wir Hardwareunabhängigkeit im Engineering-Prozess und erlauben dynamische Anlagenkonfigurationen nach dem bekannten „Plug `n Play“-Prinzip. Diese neue Architektur lässt sich nicht nur auf Anlagenebene effizient nutzen, sondern ließe sich auch in Werkzeugmaschinen einsetzen. Sicher wird man dort den inneren Antriebskreis zunächst geschlossen betreiben, beispielsweise mit Sercos (Serial Realtime Communication System), der weltweit genormten digitalen Schnittstelle zur Kommunikation zwischen Steuerungen und Feldbusteilnehmern. Aber die vielen peripheren Einrichtungen wie Werkzeug- und Paletten-Wechsler, Werkzeug-Überwachung, Späne- und Kühlmittel-Handling, könnten als smarte Busteilnehmer in ein TCP/IP-Maschinennetzwerk eingebunden werden. Dies würde die Konfiguration und Umkonfiguration erheblich vereinfachen.

Welche Rolle spielen Simulation und Virtualisierung, beziehungsweise die Trennung von physischer Welt und der Datenwelt, für die Fabrik der Zukunft?

Eine sehr gewichtige! Die neue Welt wird nur dann die erhofften Effizienzsteigerungen bringen, wenn wir auch das Engineering stark vereinfachen. Dies wird am sinnvollsten durch eine enge und bidirektionale Kopplung des Product-Lifecycle-Managements (PLM) und der Steuerungswelt zu erreichen sein. Das bedeutet zunächst ein virtuelles Anlagenengineering mit Simulation, danach erfolgt der Download des Steuerungscodes in die Steuerungsebene. Und bei Änderungen an Ort und Stelle erfolgt eine Rückkopplung in die virtuelle PLM-Welt zur Absicherung der Machbarkeit und ein Update der Engineering-Daten. Eine ähnlich enge Kopplung muss es dann auch mit der ERP- (Enterprise Ressource Planning) und der MES-Welt (Manufacturing Execution System) geben, denn agile Systemanpassungen im laufenden Betrieb müssen auch in Realtime geplant und optimiert werden.

Wie können moderne Kommunikationsmittel wie Smartphones, Tablets oder Google Glass & Co. diese Entwicklung unterstützen?

Diese smarten Alltagstechnologien haben schon heute eine erhebliche Bedeutung. Sie bieten uns einen zuverlässigen, kostengünstigen und vor allem mobilen Zugriff auf Anlagendaten. Der Maschinenbediener kann sich seine Interaktionstechnologie immer so aussuchen, dass sie ihn optimal unterstützt. Besonders deutlich wird dies im Instandhaltungsbereich. Wir können heute mit minimalem Aufwand per integrierter Kamera Maschinen oder deren Teile identifizieren, Betriebs- und Instandhaltungsdaten daraus abrufen und die aktuelle Dokumentation herunterladen. Das wird einen deutlichen Effizienzschub ermöglichen.

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