Vibrationsunterstütztes Bohren mit magnetgelagerter Spindeltechnologie

Seit die ersten Bohrmaschinen vor 250 Jahre entwickelt wurden hat sich der reine Bohrprozess nur geringfügig verändert. Bei der herkömmlichen Bohrung ist die Entstehung von langen Bohrspänen kaum zu vermeiden. Es gibt allerdings ein Verfahren, welches dieser Problematik entgegenwirkt.

4268
Magnetgelagerte Bohrspindel mit HSK32-Werkzeugschnittstelle

Das vibrationsunterstützte Bohren, eine Weiterentwicklung des konventionellen Bohrens, bietet einen effektiven Lösungsansatz, mit welchem die Größe der Späne erheblich verringert werden kann. Erste Arbeiten in diesem Bereich begannen in den 1950er Jahren an der Moskauer Baumann Universität. Das Grundprinzip beruht schon seit jeher darauf, axial überlagerte Schwingungen zusätzlich zu der Vorschubbewegung des Bohrers zu erzeugen, um die Bohrspangröße so gering wie möglich zu halten. Somit lassen sich die Späne problemlos aus dem Schneidbereich und der Bohrung entfernen.

Durch die verringerte Reibung innerhalb der Bohrung lässt sich – im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren – eine deutlich höhere Qualität der Bohrung erzielen. Zudem kann hiermit die Bearbeitungstemperatur deutlich reduziert werden, was in der Konsequenz die Standzeit der Werkzeuge signifikant erhöht.

Die neueste Entwicklung der LTI Motion GmbH ist eine magnetgelagerte Bohrspindel mit HSK32-Werkzeugschnittstelle, bei der die schwebende Welle ausgelenkt und die Frequenz, Amplitude und Schwingungsform frei über die CNC-Steuerung programmiert werden kann. Somit ist es möglich, Spangröße, Spanform, Eintrittsgeschwindigkeit und Eintrittswinkel der Schneide optimal auf den Bohrprozess anzupassen und einzustellen. Durch eine integrierte Sensorik können außerdem wichtige Prozessdaten, wie z.B. Schnittkräfte, zur Bestimmung des Bohrerverschleißes online erfasst, ausgewertet und analysiert werden. In gleicher Weise können z.B. der Bohrbeginn oder unterschiedliche Materialschichten erkannt und die Prozessparameter innerhalb des Prozesses adaptiv angepasst werden.

Anwendungsbeispiele

1. Luftfahrtindustrie

Den Leichtbauanforderungen der Luftfahrtindustrie geschuldet, werden in dieser Branche zunehmend Kombinationen aus verschiedenen Materialen (z.B. Titan + CFK) verarbeitet. Der Bohrprozess bei dieser Art von Verbundwerkstoffen stellt eine besondere Herausforderung dar, bei der mit konventionellen Bohrtechnologien, vor allem in Bezug auf Produktivität und Qualität, keine angemessenen Ergebnisse erzielt werden können. Die langen, metallischen Späne beim herkömmlichen Bohrprozess (z.B. Titan oder Aluminium) erzeugen eine erhebliche Reibung an der Bohrungswand und beschädigen dadurch das weichere CFK. Dies hat zur Folge, dass die geforderten Bohrlochtoleranzen nicht prozesssicher gewährleistet werden können.

k000_160911_02_ltiHier treten die Vorteile der neuentwickelten, innovativen Lösung der LTI Motion zu Tage – der vibrationsunterstützte Bohrprozess erzeugt ausschließlich kurze Späne. Durch den Luftstrom der Minimalmengenschmierung werden die kurzen Späne sehr schnell aus dem Bohrloch geblasen und erzeugen demzufolge auch keine Reibung an der Bohrungswand. Es entsteht keine Beschädigung oder Aufweitung der Bohrung.

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal dieser Technologie ist, dass unterschiedliche Materialschichten durch die hochauflösende Sensorik erkannt und die Bearbeitungsparameter an das jeweilige Material automatisch angepasst werden können.

2. Tieflochbohren

Beim konventionellen Bohrprozess steigt die Prozesstemperatur mit zunehmender Bohrtiefe an, da die Späne deutlich länger an der Bohrungswand reiben. Neben den thermischen Vorteilen beim vibrationsunterstützten Bohren ist die optimale Spanabfuhr – besonders beim Tieflochbohren – von großer Bedeutung. Aufgrund der niedrigen Prozesstemperatur kann anstelle von Kühlemulsion eine umweltverträgliche Minimalmengenschmierung eingesetzt werden.

Als weitere Besonderheit dieser Technologie lässt sich herausstellen, dass die hochauflösende Sensorik die benötigte axiale Vorschubkraft erkennt und dadurch auch der Verschleiß des Werkzeugs detektiert werden kann. Ein Werkzeugbruch kann somit im Vorfeld vermieden werden.

Die Vorteile für den Anwender

An erster Stelle ist hier die Erhöhung der Produktivität zu nennen. Die Technologie erlaubt den Einsatz von PKD-Werkzeugen oder anderen optimierten Werkzeugen (z.B. 3-Schneiden-Bohrer). Dadurch werden deutlich höhere Vorschub- und Schnittgeschwindigkeiten erreicht. Zudem gewähren diese Werkzeuge längere Standzeiten.

k000_160911_03_ltiGleichzeitig bedingt dies natürlich auch eine Kosteneinsparung. Dabei trägt eine reduzierte Infrastruktur für Kühlmittel und Spanabfuhr sowie die höhere Lebensdauer der Spindel – aufgrund der verschleißfreien Lagerung – zur Kostenreduktion bei.

Einen weiteren Vorteil stellt die Prozessoptimierung dar. Die integrierte, sensorische Materialerkennung bei der Composite-Bearbeitung mit automatischer Anpassung der Bearbeitungsparameter, die automatische Entgratung des Bohrungsaustritts sowie die werkzeugschonenden Zerspanungsparameter leisten hier ihren Beitrag.

Außerdem wird der Bohrprozess sicherer: er wird online überwacht und verfügt über eine vorbeugende Fehlererkennung (z.B. Werkzeugverschleiß). Zudem findet eine prozesssichere Spanabfuhr statt. Dies ist besonders relevant für die Automatisierung.

Ein weiterer, nicht unerheblicher Vorteil stellt die Erhöhung der Bohrqualität dar. Insbesondere ist dies bei der Composite-Bearbeitung festzustellen. Zum einen ist hier die sichtbare Reduzierung des Grates am Bohrungsaustritt zu nennen. Zum anderen schont die magnetgelagerte Bohrspindel das Gefüge in der Bohrrandzone.

Nicht zuletzt muss der positive Umweltaspekt gesehen werden: die LTI Motion Technologie benötigt keinerlei umweltbelastende Kühlemulsionen. Da keine Reibungsverluste in der Spindel auftreten, sind zudem eine gesteigerte Energieeffizienz und ein höherer Wirkungsgrad gegeben.

LTI Motion auf der AMB 2016: Stand C01/ Halle 4

Kontakt:

www.lti-motion.com