Fachverband Präzisionswerkzeuge

Konjunkturbarometer für Präzisionswerkzeuge Hersteller von Präzisionswerkzeugen sind wieder optimistischer gestimmt und nutzen die AMB 2010 als Test für den Aufschwung

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„Die deutschen Präzisionswerkzeug-Hersteller sehen wieder zuversichtlich in die Zukunft“, verkündete Lothar Horn (Bild rechts), Vorsitzender des Fachverbands Präzisionswerkzeuge im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA) und Geschäftsführer der Paul Horn GmbH, Tübingen, bereits im März. Vor allem die Zerspanwerkzeuge-Hersteller spürten den einsetzenden Aufschwung. Die positive Einschätzung folgte auf ein durch Finanz- und Wirtschaftskrise desaströses Jahr 2009 mit einem Umsatzeinbruch von mehr als einem Drittel binnen Jahresfrist. Für das laufende Jahr ist Horn zuversichtlich: „In Summe gehen wir von einer Produktionssteigerung in diesem Jahr von mindestens acht Prozent aus.“

Und der Trend hält, verstärke sich sogar, wie Alfred Graf Zedtwitz (Bild links), Pressesprecher des Fachverbandes, Mitte Juli 2010 erklärte: „Eine Erholung ist weiterhin zu verzeichnen, die meisten Unternehmen haben derzeit gut zu tun.“ Jetzt zeige sich, dass es richtig war, mit Hilfe Arbeitsplatz erhaltender Maßnahmen zumindest die hoch qualifizierten Stammbelegschaften der Branche, die etwa 77.000 Mitarbeiter beschäftigt, und damit auch das Know-how zu halten. Entsprechend hoch seien die Erwartungen, mit denen die Branche zur AMB, internationale Ausstellung für Metallbearbeitung, der Messe Stuttgart (28. September bis 2. Oktober 2010), reise. Graf Zedtwitz: „Die AMB ist für uns eine sehr wichtige Messe und ein konjunktureller Gradmesser.“

Techniktrend Leichtbau für die Elektromobilität

Derzeit gebe, so Zedtwitz weiter, die Politik einen wesentlichen Trend auch für die Hersteller von Präzisionswerkzeugen vor: die Elektromobilität. Sie verlange nach technischen Lösungen zur industriellen Herstellung von Leichtbaukarossen. Hierfür sieht Zedtwitz seine Branche bestens gerüstet. Trotz „limitierender Faktoren wie Personalkapazitäten in Hochkonjunkturzeiten einerseits und geringeren finanziellen Mitteln in Krisenzeiten andererseits“ sei die Innovationsfähigkeit der Branche ungebrochen und deutlich überdurchschnittlich hoch: „Die Unternehmen entwickeln ständig – auch im Austausch mit den Kunden – ihre Produkte weiter; sie entwickeln neue Lösungsansätze für neue Herausforderungen wie aktuell den Leichtbau“.

Den Trend zur Be- und Verarbeitung von Leichtbauwerkstoffen bestätigt auch Bert Bleicher, Sprecher der Hoffmann Group und geschäftsführender Gesellschafter der Hoffmann Holding, München: „Zerspanungswerkzeuge zur Bearbeitung von modernen Werkstoffen wie GFK oder CFK, Thermo- und Duroplastik sowie Hybrid- und Sandwich-Materialien sind stark im Vormarsch.“ Diese modernen Werkstoffe etablierten sich zunehmend im Markt. Eingesetzt würden sie vor allem, „wenn es um Leichtbau, Stabilität und Ausdehnungskoeffizienten geht“. Entsprechend werde die Hoffmann Group die AMB 2010 nutzen, um erstmals eine Reihe neuer Zerspanungswerkzeuge zu präsentieren. Bleicher: „Sie erfüllen die speziellen Anforderungen an Verfahren zur Bearbeitung moderner Werkstoffe, beispielsweise, um die Delamination von Sandwichmaterialien zu verhindern und ein gratfreies Fräsen zu ermöglichen.“

„In der Entwicklung von Werkzeugen zur Bearbeitung neuartiger und schwer zerspanbarer Materialien liegt sicherlich der Schwerpunkt der Werkzeuginnovationen von morgen“, unterstreicht auch Dr. Steffen Sattel, Leiter Forschung und Entwicklung der Gühring oHG, Albstadt. Vielfalt und Komplexität extremer Werkstoffkombinationen seien aber nur ein Beispiel für die aktuellen Herausforderungen, die sich bei der Herstellung neuer Werkzeuglösungen stellen. So biete Gühring für die Komplettbearbeitung von CFK-Metall-Sandwiches bereits modulare CBN- oder PKD-Werkzeuge. Neue Werkstoffe forderten Forschung und Entwicklung ebenso wie die Anforderungen nach ständig steigenden Bearbeitungsgeschwindigkeiten. So sieht man bei der Karl-Heinz Arnold GmbH, Ostfildern, eine wesentliche Herausforderung darin, „modulare Werkzeugsysteme zu entwickeln und zu verbessern, die den auftretenden Kräften auf Wendeschneidplatte und Werkzeughalter standhalten“ – und will entsprechende Neuentwicklungen exklusiv auf der AMB 2010 vorstellen.

Neue Werkzeuge steigern die Effizienz

Ein weiteres zentrales Thema der diesjährigen AMB ist die Effizienzverbesserung, und zwar auf allen Ebenen. Dem stellen sich auch die Präzisionswerkzeuge-Hersteller. Beispielsweise die Walter AG, Tübingen. Sie zeigt in Stuttgart eine neue Generation CVD-beschichteter Wendeschneidplatten und verspricht „Leistungssteigerungen von 50 bis 100 Prozent“. Auch Gühring sieht in der Entwicklung moderner Werkzeuglösungen zur Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung bei Zerspanprozessen eine zentrale Aufgabe. Dr. Sattel: „Für uns gehört es zur Entwicklungsphilosophie, die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer der Produkte permanent zu verbessern“, und nennt als Beispiel die energie- und umweltschonende Zerspanung durch Einsatz der von Gühring etablierten Minimalmengenschmierung. Sattel weiter: „Eine immer wichtiger werdende Position bei der Entwicklung neuer Werkzeuge nehme die Simulation von Zerspanvorgängen ein.“ So würden bei Gühring heute schon durch Simulationstools vor der Herstellung erster Werkzeugprotoypen wichtige Erkenntnisse gewonnen, die „die Optimierung neuer Werkzeuggeometrien oder Werkzeugsysteme gerade hinsichtlich hochanspruchsvoller Zerspanprozesse deutlich beschleunigen“.

Bei der Benz GmbH Werkzeugsysteme, Haslach, will man die Effizienz vor allem durch die „Komplettbearbeitung auf einer Maschine mit Hilfe standardisierter oder speziell konzipierter Zerspanungsaggregate“ sowie durch den Einsatz multifunktionaler Werkzeugsysteme verbessern, wie Vertriebsleiter Konrad Keck erklärt. „Nicht die besten Einzelspieler gewinnen – sondern das beste Team“ laute die Devise, und so sieht Keck auch im engen Zusammenspiel mit den Maschinenherstellern den richtigen Weg. „Sie geben mit Ihren Innovationen den Weg vor, aber nur, wenn man eng und frühzeitig im Engineering partnerschaftlich zusammenarbeitet, kann man prozesssichere und wirtschaftliche Zerspanungsprozesse realisieren.“

Auf zweierlei Weise nähert man sich bei Becker Diamantwerkzeuge GmbH, Puchheim, dem Thema Effizienz. Zum einen durch einen neuen Aluminium Kassettenfräser in „Ultraleichtbauweise für maximale Umdrehungszahlen zum Einsatz von CVD-Diamant Schneidplatten“, wie Rosemarie Becker erklärt, „damit erreichen wir eine gegenüber PKD-Beschichtung fünffach höhere Standzeit.“ Halbierte Kosten versprechen auch neue Werkzeuge in Sandwichbauweise. Sie bestehen aus einem PcBN-beschichteten Hartmetallkern, der in jeder Ecke mit HM-Rohlingen mit je zwei Schneidecken bestückt werden kann, sogar standardmäßig mit verschiedenen Schneidenausführungen. Becker: „Das Sandwich-Material senkt nicht nur die Kosten, sondern steigert auch die Produktivität und verbessert die Möglichkeiten der vielseitigen Einsetzbarkeit.“

Dienstleistungen verschaffen Wettbewerbsvorsprung

„Der Druck auf Dienstleistungen rund um Werkzeuge hat sich verstärkt,“ konstatiert Bert Bleicher von der Hofmann Group, „nicht nur innovative Produkte, sondern auch gesamtheitliche Prozesslösungen im Bereich der Zerspanung sind jetzt gefragt. „Der allumfassende Service um die Werkzeugsysteme gewährleistet eine hohe Kundenzufriedenheit“, fasst Konrad Keck von Benz die Entwicklung zusammen. Benz habe deshalb ein eigenes ProduktCenter etabliert, dass sich um Aspekte wie kompetente Beratung über die gegebenenfalls individuelle Produktauslegung, Produktion und Lieferung bis hin zum After-Sales Service, Reparatur-Service, Crash-Pakte oder einen ExpressService kümmere.

Die Hoffmann Group zeigt in Sachen Dienstleitung auf der AMB 2010 „richtungsweisende und durchgängige 360°-Services für den gesamten Zerspanungsprozess aus einer Hand“. Ähnlich handhabt man das bei Gühring, wo der Bereich Dienstleistungen „einen Kernpunkt der Firmenphilosophie bildet“, wie Dr. Sattel betont. Verschiedene technologische und logistische Tool Management-Konzepte sowie mehrere Nachschleif- und Beschichtungszentren auf der ganzen Welt sollen sicherstellen, die Kunden „schnell, ortsnah und kompetent“ zu unterstützen.

Walter stellt auf der AMB erstmals die neue Dienstleistungsmarke „Walter Services“ vor. Unter diesem Markendach bietet das Unternehmen ein umfangreiches Service-Konzept für die vier Bereiche Planung, Produktion und Logistik, Instandhaltung sowie Training und Know-how. Ziel sei es, den Kunden entlang der gesamten Prozesskette mit der kompletten Anwendungs- und Werkzeugkompetenz beratend zu unterstützen. „Die Ziele unserer Kunden, sind auch unsere Ziele: Kosten und Komplexität zu reduzieren und letztendlich Produktivitätssteigerungen zu erreichen – von der Produktionsplanung, über die Prozessgestaltung bis hin zur Instandhaltung“, erläutert Vorstandsvorsitzender Andreas Evertz das Service-Paket, das in Zukunft noch weiter ausgebaut werden solle.

Zur AMB 2010 werden mehr als 1.200 Aussteller in Stuttgart erwartet. Sie präsentieren ihre Innovationen und Weiterentwicklungen aus den Bereichen spanende und abtragende Werkzeugmaschinen sowie Präzisionswerkzeuge. Zu sehen gibt es außerdem Produkte und Maschinen aus den Bereichen Qualitätssicherung, Roboter, Werkstück- und Werkzeughandhabungs¬technik, Rechnersysteme und Peripherie, Bauteile, Baugruppen und Zubehör. Die AMB ist vom 28. September bis 2. Oktober 2010 dienstags bis freitags von 9.00 bis 18.00 und am Samstag von 9.00 bis 17.00 geöffnet.

Kontakt:

www.amb-messe.de